Kairo, Ägypten. Das Gesundheitsprojekt Rahma der ägyptischen Initiative Sekem ermächtigt Frauen zu gesundheitlicher Selbstfürsorge.
Als die Frau den Raum für Heileurythmie betritt, bitte ich sie sanft, ihren Hidschab oder Nikab abzulegen. Sie atmet tief durch, beginnt sich zu bewegen, formt leise die Laute L und M und stößt schließlich einen langen Seufzer aus. Immer wieder werde ich Zeugin davon, was Frauen auf Schultern und Herzen tragen. Schmerz, Tränen und Geschichten entfalten sich. Es kam mir die einfache Frage: Wie können wir mehr Raum für Frauen und ihre Selbstfürsorge schaffen und diesen mit Freude und Hoffnung füllen? Als Antwort entstand das Frauengesundheitsprojekt Rahma in Sekem. Rahma ist ein präventives Programm, das sich auf die reproduktive Gesundheit und das Wohlbefinden von Frauen fokussiert. Wir haben zwölf Frauen aus den Dörfern rund um Sekem als Gesundheitscoaches ausgebildet. Als Teil der Ausbildung haben wir mit ihnen den Menstruationszyklus mithilfe der Heileurythmie erforscht und dabei visualisiert, wie sich die Gebärmutterwand aufbaut und ablöst. Die Frauen beschäftigten sich zudem mit der reproduktiven Anatomie von Frauen und Männern; für alle war es das erste Mal, dass sie etwas darüber lernten. Wir haben Bilder in Rottönen gemalt und in diesem Kontext über Menstruationsmythen und -tabus gesprochen, da die Monatsblutung immer noch schambehaftet ist und vielerorts als unrein gilt. Wir haben mit den Frauen auch darüber geredet, wie wir unsere Töchter liebevoll und selbstermächtigt an die Menstruation heranführen können. Wir haben Briefe an unsere Gebärmutter geschrieben. Zudem wurden Themen wie weibliche Genitalverstümmelung, frühe Ehe und häusliche Gewalt diskutiert – schmerzhaft, aber notwendig. Die Frage, wie wir eine Zukunft des Mitgefühls für unsere Töchter gestalten können, bekam immer mehr Tiefe. Das arabische Wort für Gebärmutter, ‹Rahm›, hat denselben Wortstamm wie ‹Rahma›, mitfühlend. So steht es auch in den ersten Zeilen des islamischen Gebets: «Ar-Rahman, Ar-Rahim». Dies war die Inspiration für den Namen unseres Projekts: Rahma – Compassionate Women’s Health Project. Die zwölf Frauen, die wir ausgebildet haben, schaffen nun in ihren Dörfern Orte der Gesundheit. Jede von ihnen arbeitet mit jeweils 24 Frauen zusammen; gemeinsam erreichen und unterstützen wir so 288 Frauen. Indem sie ihr Wissen weitergeben, verbreiten sie Heilung, Stärke und Hoffnung – eine Frau, eine Geschichte, eine Gemeinschaft nach der anderen.
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Foto Anna Schoemaker