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Nach wie vor

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Ich ging in den Wald. Wollte Grünlinge suchen.

Doch das lodernde Laub der Oktoberbuchen

Im sonnendurchfluteten Wald

Hat mich verwirrt: Wie beschreibt man Farben,

Die fließen wie Honig und Harz

Über Blattstrukturen, die langsam vernarben?

Das Astholz steht dazu schwarz,

Das eigentlich grün ist und überdunkelt

Von Feuchte. Es leuchtet nicht.

Doch in jeder feuchten Blattmulde funkelt

Eine Feder aus springendem Licht.

Ich ging in den Wald. Wollte Grünlinge suchen.

Und brachte nur Worte nach Haus.

Und nach wie vor sah das Laub der Buchen

Unbeschreiblich aus.

— Eva Strittmatter, aus: Die eine Rose überwältigt alles. In: Dies., Sämtliche Gedichte, Berlin 2015, S. 296.

Mit den nun kürzer werdenden Tagen verwandeln sich die Qualitäten des Lichts: Die Sonne vollzieht den Farbenzauber des Herbstlaubs mit und gleichzeitig ergreifen Momente von Dunkelheit und Feuchte ihren Raum.

Johanna Lamprecht


Zeichnung von Philipp Tok

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