Das Sonnenwort ist in die Erde gegangen, hat einen Himmel aus ihr gemacht, und nun strömt sie eine neue Sonne aus.
Seit einem Menschenalter haben sich die Stimmen verändert, die unter dem Dolmen zum Druiden kommen. Das Sonnenwort, um welches die Fixsterne und die Wandelsterne ihre Mathematik tanzten und die Geheimnisse von Tag, Monat und Jahr sangen, ist eindringlicher und doch umhüllter geworden. In den letzten drei Jahren war es nur noch ein leises Murmeln, fast still. Seither kroch der Druide an den hohen Tagen unter dem Stein hervor, schwindelkrank von den drehenden Sternen, die durch den Stein zetern, ohne den Grundton der Sonne, der sein Herz im Zeitenstrom hält. Die Himmel sprachen noch genug, dass der Druide uns sagen konnte, wann wir Hafer säen und den Stier zu den Färsen treiben sollten, aber die Sonne, sagte er, sei stumm. Auch die Erde hat sich verändert. Etwas in ihr ist gewachsen, sie ist voller, zufriedener, aber auch verstörter. Vogelgesang scheint eher zu versprechen als zu verkünden.
Und dann, vorletzte Nacht, als die Dämmerung hereinbrach, hob sich die Erde plötzlich empor, ächzte, schüttelte und verschob sich. Wir hörten das Krachen von Felsen unter uns, und ein Stück der Klippe stürzte ins Meer. Der Dolmen knackte und sank von seinem Sockel. Gestern dann den ganzen Tag kein Vogelgezwitscher. Die Wellen am Fuß der Klippe hechelten wie ein kranker Hund. Der Rauch der Herdfeuer lag in den Hütten. Das Vieh ließ die Köpfe hängen, der Hahn versteckte sich zwischen den Hennen. Niemand nahm ein Werkzeug in die Hand, und wenn doch, beschaute er es ausdruckslos und legte es wieder nieder.
Und nun ist wieder eine Nacht vergangen und keiner von uns hat geschlafen. Auf der Klippe warten wir auf den Sonnenaufgang. Seit dem Erdbeben haben wir nicht miteinander gesprochen, uns kaum angesehen. Wir wissen nicht, wer wir füreinander sind. Und Worte müssten erst verwirbelt, verbrannt und neu gemacht werden, bevor wir wüssten, was zu sagen ist. Wir beobachten den grauen Mond, der drei Tage nach Vollmond zum Meer hinabsteigt. Und während er sich dem Ertrinken hingibt und mit einem Seufzer ins Wasser gleitet, spüren wir die zarte Berührung zwischen unseren Schulterblättern und drehen uns um.
Da ist sie. Die Feuerwelle auf dem Ostkamm, die uns oft schon jubeln machte. Aber heute ist es neu. Es ist nicht der naturgegebene Waagebalken, der die Frühlingssonne heraufzieht, während er den Mond senkt, und die verblassenden Sterne wie ein Pianola singen. Dieses Geschehen wird von Mutter Erde geboren. Das Sonnenwort ist in die Erde gegangen, hat einen Himmel aus ihr gemacht, und nun strömt sie eine neue Sonne aus. Sie ist es, die die Farbe über die Hänge hinunterfließen lässt wie Wind in der Gerste. Sie ist es, die unsere Fußsohlen kribbeln lässt, uns einander zuwenden lässt, und wir erröten wie in Eden. Sie bauscht das kleine Rot des Mutes auf der Brust des Rotkehlchens und bringt es dazu, jenen unzähligen weisen anderen Welten ihr eigenes Lied zu singen: die ersten Liebeworte der Erde.