Vom Ende des Menschen?

Künstliche Intelligenz und die Visionen des Transhumanismus zeigen sich als Kernfragen des 21. Jahrhunderts. Computertechnik löst nicht mehr nur alte Techniken schneller und eleganter, sondern durchdringt bisher technikfreie Lebensgebiete und stellt sie auf den Kopf.


Richard Precht ist mit seinem Buch ‹Künstliche Intelligenz und der Sinn des Leben› beinahe jeden Tag in einem Interview zu sehen. Christiane Haid und Ariane Eichenberg haben mit den beiden Tagungen ‹Vom Ende des Menschen?› das Thema 2018 und 2019 ergriffen. Dem schwierigen Stoff angemessen, ging es dabei mit den vielen Fachreferentinnen und -referenten darum, die Kernfragen herauszufinden. Sie legten dabei mit Unterstützung von Ärzten, Lehrerinnen, Autorinnen und Künstlern einen weiten und interdisziplinären Blick an. Jetzt erscheint das Buch zu den beiden Tagungen. Im ersten Kapitel zeichnet Christiane Haid den Weg nach, den wir mit der Technik gegangen sind. Sie unterstreicht, dass Technik heute nicht mehr nur als praktische Hilfe erfahren wird, sondern zur eigenen Selbstverwirklichung gehört. Sie fragt angesichts dieser Entfremdung nach einer neuen, auf Kunst und Sprache ruhenden Humanität. Michael Hauskeller, in England lehrender Philosoph, schreibt im ersten Kapitel, dass die Idee des Transhumanismus, uns Menschen technisch vollkommener zu machen, gesellschaftlich akzeptiert sei und sich in den Superhelden auf den Leinwänden spiegle. Diese Entwicklung fragt nach dem Welt- und Menschenbild, wenn beispielsweise Altern als Krankheit verstanden wird. Wir müssen, so Hauskeller, das, was gut ist, wieder als gut begreifen lernen. Sebastian Lorenz geht den Warnungen Rudolf Steiners vor einer zu engen Gemeinschaft von Mensch und Maschine nach und sieht in den Lebensgeheimnissen, die jede Epoche als Aufgabe in sich trage, die Perspektive. Die preisgekrönte Autorin Sibylle Lewitscharoff untersucht, was unser Umgang mit der Sprache dabei ausmacht. Michaela Glöckler vergleicht das Bewusstsein, von dem bei der Künstlichen Intelligenz die Rede ist, mit dem, was im menschlichen Ich als Individualität und Selbsterfahrung aufleuchtet. Es folgen künstlerische, pädagogische und medizinische Beiträge zum Thema.

Es gibt im Buchhandel die Erfahrung, dass, je mehr Autorinnen und Autoren auf dem Buchcover stehen, desto schwieriger ein Buch seine Leserinnen und Leser findet. Das Gegenteil ist diesem Buch zu wünschen, denn hier scheint der richtige Zugriff in solch einem Konzert der Perspektiven zu liegen.


Buch Christiane Haid, Ariane Eichenberg: Vom Ende des Menschen. Erscheint voraussichtlich im September 2020. Siehe: Verlag am Goetheanum

Titelbild: Cover-Bild von dem Buch (Ausschnitt).

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