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Die Grenzen der Morphologie erweitern

Morphologie im goetheanistischen Sinn erfasst über Zusammenhänge zwischen Robustheit und Plastizität die dynamisch-kausale Natur eines Organismus.


Die Bedeutung von Goethes Morphologie für die moderne Biologie war eines der Hauptthemen der Herbsttagung ‹Evolving Morphology› am Goetheanum von 4. bis 8. Oktober 2017.

Im 21. Jahrhundert ist Morphologie bei den Biologen wieder zum Schlüsselwort geworden, und Johann Wolfgang Goethe ist in entwicklungsgenetischen Publikationen oft zitiert worden. Allerdings wurde dabei die ursprüngliche erkenntnistheoretische Bedeutung von Form und Kausalität in seiner Morphologie nicht berücksichtigt. Aus einer goetheanistischen Perspektive ist vergleichende Morphologie nicht rein beschreibend, sondern hat einen hohen Erklärungswert und ergänzt molekulare Ansätze. Tatsächlich befasst sich Goethes Ansatz in erster Linie mit der Veränderung biologischer Formen in der Zeit.

Indem die Morphologie ihre Methode an das Forschungsobjekt anpasst, sucht sie zu einer rationalen Wissenschaft des Organismus beizutragen, um dessen dynamisch-kausale Natur zu untersuchen. Das heißt, sie richtet sich auf die Dialektik zwischen Urform (Robust­heit) und Metamorphose (Plastizität) und ihre Konsequenzen für die Entstehung neuer Formen in der Evolution. Dieser Ansatz – die evolutionäre Entwicklungsmorphologie – ist nicht nur für die akademische Forschung, sondern auch für den Biologie-Unterricht an Schulen von großer Tragweite. Ich habe die goetheanistische Methode in meiner botanischen Forschung angewandt, die sich auf die Blütenbiologie der Rosengewächse konzentriert. Ihre Ergebnisse wurden in meiner Masterarbeit diskutiert, die von Dr. Louis Rosen De Craene vom Royal Botanic Garden Edinburgh betreut wurde.

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