Christussprache –Menschensprache

In seinem neuen Buch versucht Ralf Gleide den Schulungsweg von Sergej O. Prokofieff nachvollziehbar zu machen, und entwickelt einen Schlüssel, um die Zukunft geistvoll vorzubereiten.


Gerald Häfner, Leiter der Sozialwissenschaftlichen Sektion am Goetheanum, stellt die heute einzig relevante Frage: ‹Wem gehört die Erde?› Der Schriftsteller Albert Vinzenz macht aufmerksam darauf, dass von einer ‹Subjektivität des Kosmos› auszugehen sei, was dessen ‹Einssein mit dem Schöpfer› nahelegt. Und Sergej O. Prokofieff enthüllt in seinem Buch ‹Und die Erde wird zur Sonne› – wie Autor Ralf Gleide herausarbeitet – «einen tief verborgenen Schöpfungsprozess», der für unsere Zeit «ein großes Gewicht habe» (S. 79), um die herrschende Egoität zu überwinden. Prokofieff legte, wie Gleide betont, großes Gewicht darauf, dass der Einzelne den Geist des Christus in sich erwecke. Damit wird für das soziale Leben ein absolutes Zentrum gewonnen, um, Wladimir Solowjew zitierend, «alle Elemente des menschlichen Seins, alle partiellen Prinzipien und Kräfte der Menschheit in die richtige Beziehung zu dem absoluten zentralen Prinzip» zu bringen. (Solowjew, Vorlesungen über das Gottmenschentum. München 1978, 1. Vorlesung)

Ralf Gleide bietet mit seinem Buch ‹Christus-Sprache› einen Schlüssel, um der geistleeren Gegenwart – nun gesellschaftspolitisch gewendet – eine letztlich kosmologisch gründende Zukunft vorzuzeichnen.

Immerhin wird doch versucht, eine Verbindung von Denken und Hellsehen im Werk von Prokofieff zu finden. Für Prokofieff, einem der fortgeschrittenen Schüler Rudolf Steiners, war Anthroposophie immer ‹Christus-Sprache›. Und Autor Ralf Gleide macht neugierig, sich vertieft mit Prokofieff zu befassen. Er war ein Denker, der in düsteren Zeiten, über den Tag hinaus, jene Suchenden anzusprechen vermochte, die bereit sind, das Dröhnen des Alltagsdiskurses zu verlassen, um in innerer Freiheit bewusst neue Wege zu gehen. Das ist für unser Zeitalter zeitgemäß. So kann es gelingen, das herrschende Autoritätsparadigma zu verlassen, um sich, mittels seiner Urteilskraft, vom Denken und den Inhalten der ‹Meister› abzusetzen.

Buch: Ralf Gleide, Christus-Sprache. Zur Erkenntnismethode von Sergej O. Prokofieff. Sergej-O.-Prokofieff-Akademie im Verlag der Schulungsstätte für Anthroposophie, 2021.

Einem Brennglas gleich bündelt Ralf Gleide die tiefe Verbindung von Sergej O. Prokofieff zu Rudolf Steiner, etwa, indem er herausstellt, dass es immer um das ‹Erkennen des ganzen Menschen› zu gehen habe. Das zeigt, wie grundlegend – gemessen an der verkürzenden Methodik der materialistisch-naturwissenschaftlichen Sichtweise – an einer Zukunft des Menschen gearbeitet wird, und damit an der Anthroposophie. Es wird deutlich, um überhaupt in die Nähe der zentralen Zukunftsfragen zu kommen, wie notwendig Meditation und Selbsterziehung sind, um den ‹Strom des geistigen Daseins› bewusst zu erleben. Dieses, wie es Prokofieff formulierte, in Gedanken mit der geistigen Welt Sprechen führt zu einem Zwiegespräch mit der geistigen Welt, offenbart einem höheren Wesen, das sich keinem an Erscheinungen gebundenen Wesen öffnen wird.

Das Buch von Ralf Gleide versucht zu zeigen, dass jede und jeder die Christus-Sprache in sich trägt. Gerade deshalb ist es geeignet, eine Antwort auf die alles entscheidende Frage zu liefern: ‹Wem gehört die Erde?›

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