Ich werde das Fegefeuer nicht überleben, fühle ich manchmal von hier aus, wenn ich schmerzlich begreife, dass auch ich einen dunklen Anteil, eine Schuld am Geschehen habe. Wie in einem Vulkanbergwerk werde ich auseinanderbersten. Nichts von meiner Identität, meinem Recht, meinem Meinen, meinem Starrsinn, meinem Festhalten, meinem kleinen Wollen wird übrig bleiben. Noch versuche ich, dagegenzuhalten, zu rechtfertigen, zu erklären, vorzuwerfen, um Verzeihung zu bitten. Und dann kommt das Aufgeben. Ich kämpfe nicht mehr für oder gegen etwas. Ich übergebe mich. Und begegne jenem Willen, der akzeptiert, dass es nicht so ist, wie ich es gern hätte, selbst wenn ich ein Ideal beansprucht und für gut befunden habe. Ideale können auch Tyrannen sein. Wie ich es gern hätte, ist ein ‹Bild›, was ich mir gemacht habe. Mit den Kräften des Diesseits geträumt. Bewusstwerdungsschmerz tritt auf, wenn das Unschuldige erwacht. Ich lasse los.
Sich selbst zu sehen in seinem Willen, nichts mehr zu wollen – darin liegt die Schönheit des Sterbens. Ich stehe an einer Schwelle. An Schwellen ist immer Jetzt. Der Fluss der Zeiten hält hier still. Etwas kehrt sich um. Ich bin eine Geburtssekunde, die von einer anderen Ewigkeit kündet. Ich sehe alles und nichts zugleich. Es ist Distanz und Nähe zugleich. Vertrauen und Gewissheit zugleich. Eine große Wachheit weitet mein Empfinden. Ich tue einen ersten Atemzug. Und einen ersten bewussten Augenaufschlag. In meinem sehenden Loslassen werde ich jenes, was begreift und zugleich teilhat an den Ereignissen des Übergangs.
Mit den Kräften des Jenseits schlafend, tritt in mich das Unbekannte ein, und ich bin jenseits der Bilder. Ich werde zur Leinwand und zur Farbe. Das Leben, von dem ich noch nicht wissen kann, malt nun mit mir. Aber es entstehen keine Götzen. Es ist das permanente Schaffen selbst, von dem ich Teil bin. Hier spielt das verborgene Leben mit uns. Seine Asche zeigt sich als Blütenheu, welches mir in die Augen fällt. Hier ist Heilung von Isolation, von Abhängigkeit, von Einsamkeit und Tod. Hier gibt es keine Schuld, nur Zusammenklang und Zusammenhang. Ob mein Sterben arm oder reich sein wird, ob es satt ist oder hungrig bleibt, entscheide ich.
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