In den Wolken

Wolkenkucker sind wir, und wollen es für immer sein. Es gibt kein ‹himmlischeres› Abbild für die Glorie Gottes als Sonnenlicht, das mit den Wolken der Dämmerung ‹singt›. Zart gehüllt weiten sich unsere Seelen und atmen ihrem Urbild entgegen. Von diesseits und jenseits berühren sie sich – die Goldgeborenen. Aber auch der Gewitterwolkensturm, sich blaudunkel über den Himmel wälzend, ist groß. Dramatisch wie im Kino wirft die Sonne einen glühenden Saum hinzu. Oder die Graumassen eines Novembertages, an manchen Stellen fast durchgescheuert, aber nur fast. Trübe decken sie uns und lassen das verborgene Licht erahnen.

Es ist niemals dasselbe Zusammenspiel. In der Gleichheit der Elemente entsteht immer wieder das so noch nie Gewesene. Vertraut und doch erstmalig im Augenblick des Gewahrwerdens. Als erzählten Wolken die Geschichte eines Moments, eines Ereignisses. Am Himmelszelt plastizieren und dynamisieren sich Wärme, Wasser, Luft und Licht. Schiffe segeln ungreifbar und ohne Kanten. Ein Geisterring wird ein Hundekopf, wird ein Reiter ohne rechten Arm. Ewig Schweifende. Wie ein Bewusstsein, das sich kurz zur Erscheinung bringt und wieder verweht.

Welches Wesen also verbirgt sich in den Bewegungen und Gestaltungen von Wolken? Oder noch anders gefragt: Welcher Wesensanteil in uns kommt ins Schwingen, wird wach, wenn wir Wolken betrachten?


Foto Ali Abdul Rahman

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