Gegen die Götter?

Rätselhaft ist, wieso vergangene Zivilisationen Elektrizität erforscht haben, Kohle als Energiequelle kannten oder den Mechanismus des Rads beherrschten, jedoch darauf verzichteten, daraus einen Vorteil zu ziehen.


Ein Wagenrad des Sonnentempels, Konârak, Indien.
Quelle: Bernard Gagnon/Wikimedia Commons

Für die Philosophin Maryvonne Perrot liegt der Grund darin, dass diese technischen Prozesse zu sehr mit den Götterkräften zusammenhingen. So schreibt sie zur Kultur der Azteken: «Die rotierende Bewegung zu domestizieren, bedeutete, sich der eigentlichen Bedeutung der Schöpfung zu widersetzen oder genauer, eine Sünde zu begehen, da es sich um die Domestizierung der Energie handelt, die die Welt belebt.»* Heute haben wir als Menschheit einen technologischen Sprung gemacht, in dem das Rad bzw. die schnelle Wiederholung von einfachen Prozessen eine zentrale Rolle spielt. Dampfmaschine und Automobil, Grammofon und Fernseher, Computer und künstliche Intelligenz spiegeln die physische, die seelische und die geistige Dimension des Menschen und schaffen eine von den Göttern getrennte Lebenswelt. Die kosmische Ordnung liegt nicht mehr in deren Händen, sondern in der Fähigkeit des Einzelnen, was Götter repräsentierten in sich selbst zu tragen, das Gute, das Schöne und das Wahre selbst gegenüber den anderen zu verantworten.


* Maryvonne Perrot, Le Symbolisme de la roue,Éditions philosophiques, 1980

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