Tina Turners Tanz

«Ich träumte davon, als erste schwarze Rock-and-Roll-Sängerin Stadien zu füllen wie die Stones!», erinnert sich Tina Turner, und ihr Traum ging auf.


Tina Turner, Norwegen 1985. Foto: Helge Øverås/Wikimedia CC 4.0

Ihr letztes Konzert gab sie nach 89 Auftritten in 46 Städten vor über einer Million Zuhörerinnen und Zuhörern am 5. Mai 2009 auf der Bühne in London. Es war das Ende einer einzigartigen 50-jährigen Bühnenkarriere. Am 23. Mai ist die große Rocksängerin nun in Zürich mit 83 Jahren gestorben. 1981 enthüllt Tina Turner in der Zeitschrift ‹People› erstmals die schweren Misshandlungen, die sie durch ihren Ex-Mann, den Musiker Ike Turner, erfährt. Auch die Kinoverfilmungen ihres Lebens 1993 und 2021 dokumentieren Gewalt und Vergewaltigungen, denen die Sängerin ausgeliefert war. Erst nach 14 Jahren mithilfe des Studiums buddhistischer Lehren vermag sich die Sängerin von den brutalen Fängen zu befreien. In einem Interview in ihrer Zürcher Villa sagt sie, dass sie ein Leben in Gewalt durchlitten habe und nicht aufhörte, vom Täter zu träumen, gleichwohl aber nicht auf dieses Leiden zementiert werden wolle.

Die Verstärker, die Lautsprecher- und Scheinwerferwände machen möglich, den Willen von 50 000 Menschen in die Kehle der kaum 1,60 Meter großen Tina Turner zu konzentrieren. Ihr Befreiungsschrei um Liebe und Freiheit wird zum Ruf aller im Stadionrund. Das ist die Magie der Rockmusik. Bei Tina Turner ist ihr Schrei noch größer: 43 Prozent aller Frauen in der so friedlich wirkenden Schweiz, so eine Studie von 2019 vom Dachverband der schweizerischen Frauenhäuser, haben häusliche Gewalt erlebt, kennen leiblich mehr oder weniger den Kreislauf von Demütigung, Gewalt und entschuldigenden Versprechungen. 43 Prozent, das heißt, jeder zweite oder dritte weibliche Gesang, Tanz und Lacher trotzt der persönlichen Erfahrung von Gewalt. Daran erinnern Tina Turners Tanz und Gesang.


Titelbild Tina Turner in Birmingham in 2009. Foto: Philip Spittle CC 2.0

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