Der Seiltänzer

Rabbi Chajim von Krosno, ein Schüler des Baalschem, sah einst mit seinen Schülern einem Seiltänzer zu. Er war so tief in den Anblick versunken, dass sie ihn fragten, was es sei, das seine Augen an die törichte Schaustellung banne. «Dieser Mann», antwortete er, «setzt sein Leben aufs Spiel, ich könnte nicht sagen weswegen. Gewiss aber kann er, während er auf dem Seil geht, nicht daran denken, dass er mit seiner Handlung hundert Gulden verdient; denn sowie er dies dächte, würde er abstürzen.»

Martin Buber, Aus: Hundert chassidische Geschichten, Zürich 2003, S. 20f.


Der Anblick des Seiltänzers verrät, welches Gewicht allein der Gedanke an Irdisches erreichen kann – wie kann eine Balance erreicht werden?


Kommentar von Johanna Lamprecht

Zeichnung von Philipp Tok

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