Übergeben, aber wie?

Die älteren Teilnehmenden des von der World Goetheanum Association veranstalteten Online-Meetings zum Führungskräftewechsel sprachen vor allem darüber, wie sich Menschen mit eigenen Initiativen einbringen können, ohne zu zerstören, was sich bereits entwickelt hat.


Marjatta van Boeschoten, heute Generalsekretärin der Anthroposophischen Gesellschaft in Großbritannien, war lange Jahre Beraterin in großen Unternehmen. Sie sieht den spannenden Balanceakt, die Intentionen Rudolf Steiners 100 Jahre später zu verstehen und sie in die jetzige Zeit zu verwandeln. Wie bewegt man sich im Fluss der Zeit? Jeder muss da hintreten, wo er kann, und sie übt es gerade auch. Schon seit Beginn ihrer Tätigkeit hat sie geschaut, wie der Wechsel aussehen kann: zur richtigen Zeit abzutreten und zugleich aufmerksam zu sein, wer die Nachfolge sein kann, vielleicht sogar, wenn sie sich noch gar nicht zeigt. Ihre Erfahrung ist, dass es meist jemand ist, der außerhalb steht. Sie versucht, keine Vision zu entwickeln, wie der Nachfolger oder die Nachfolgerin sein muss. Es braucht Raum und Offenheit, wo sich das zeigen darf. Und dann ist es wichtig, sich in die Welt zu begeben, in welcher der- oder diejenige steht, der/die dann auftaucht; ihn oder sie in voller Anteilnahme zu fragen: Was ist deine Sehnsucht, was wünschst du dir? Wofür schlägt dein Herz? Was willst du verwirklichen? «Unsere Urteile reflektieren und uns für das Neue öffnen, das eine junge Generation einbringt, ist wesentlich», meint Laura Scappaticci aus den usa. «Sie bringt immer etwas Neues mit und es kommt darauf an, wie wir uns zu ihr stellen.» Janneke Nex Agustin von den Philippinen betreibt das ‹Emergent Theatre›-Projekt, in dem das Individuum im Fokus steht und erkundet wird, welche Prozesse es braucht, um das Individuelle zu fördern: «Wenn es einen Impuls in mir gibt, warum folge ich dem nicht? Gleichzeitig braucht es eine Brücke. Manchmal fehlt der echte Prozess, wenn man sich in festen Strukturen bewegt. Man muss aber ‹in tune› mit sich selbst sein. Mit Prozessen gehen junge Menschen immer sehr gut in Resonanz.» Sebastian Neu von Waldorfshop bemerkte, dass eine Erneuerung (ein re-younging) jetzt gut möglich wäre, aber niemand es sähe. «In unseren Stellenausschreibungen antworten Menschen, die spirituell interessiert sind, aber noch nie etwas von Anthroposophie gehört haben. Das ist eine große Herausforderung, für Deutschland zumindest, Anthroposophie öffentlicher zu machen.»


Bild: Marjatta van Boeschoten

Print Friendly, PDF & Email

Letzte Kommentare