Ich klopfe, klopfe, klopfe mit der Spitze einer Stecknadel langsam auf ein Ei, durchbreche die gehärtete Schale und schaffe oben und unten ein kleines Loch. Ich presse meine Lippen auf die Oberseite des Eies, um die Öffnung zu verdecken, und puste, bis mein Gesicht rot ist, bis der Dotter dem Druck nicht mehr standhält. Klare und gelbe Flüssigkeit fließt in die Schale darunter. Ich fülle meine Wangen mit Luft und puste wieder, bis das Ei leicht und hohl ist.
Durch den Druck, den ich mit meinem willenserfüllten Atem ausübe, verwandle ich etwas, das einmal voll war, in ein leeres Gefäß. Ich lösche den Inhalt einer Form, um sie in etwas Neues zu verwandeln.
Unser Wille steht im Dienst der Zukunft, um etwas ins Leben zu rufen, sei es dauerhaft oder flüchtig, sei es durch Zerstörung oder Schöpfung oder beides. Ich tauche meinen Pinsel in einen winzigen Becher mit Farbe. Eine neue Bestimmung entsteht für das Ei, während Muster aus Pastellfarben seine Oberfläche bedecken. Meine Absicht beginnt Gestalt anzunehmen: Durch meinen eigenen Einfluss schaffe ich Schönheit.
Während ich male, frage ich mich, was in der Welt in diesem Moment ausgehöhlt wird? Was wird transformiert und von wem? Was wird als Nächstes kommen und wie kann mein Handeln das Ergebnis beeinflussen? Unser Vertrauen in den Prozess der Veränderung und unsere Fähigkeit, kreativ zu handeln, das ist der Osterwille.
Fotografie ‹Shaping Light› von Laura Liska