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Notfall über dem Atlantik

Intelligenz sei die Fähigkeit, Wesentliches von Unwesentlichem trennen zu können. Das war einer der Hinweise, die Georg Glöckler in seine Vorträge einstreute.


In Krisenzeiten könne sich das zuspitzen, ergänzte er in einem Gespräch in kleiner Runde. Wie so oft wählte er ein ernstes und zugleich skurriles Beispiel. Eine Gruppe von Anthroposophen sei 1970 in der frühen Zeit der transatlantischen Flüge zu einer Jugendtagung in Spring Valley/ USA unterwegs gewesen. Der Sprung übers Meer erfolgte mit der viermotorigen Lockheed Super Constellation. Die Turbopropmaschine gilt bis heute wegen ihrer geschwungenen Form als das schönste Passagierflugzeug. Sie hätten Irland passiert, das offene Meer erreicht, da sei einer der vier Propeller zum Stillstand gekommen. Der Steward habe mit erschreckter Miene durch Georg Glöcklers Bullauge geschaut. Wenig später quittierte eine zweite Turbine den Dienst. Da wurde kehrtgemacht und London zur eskortierten Notlandung angesteuert. Jetzt kommt Georg Glöcklers eigentliche Schilderung: Manche Passagiere hätten bleich geschwiegen, andere die Rechtslage diskutiert. Er selbst habe interessiert die Notfallprozedur verfolgt. Nach der sicheren Landung seien einige der Reisenden unfähig gewesen zu handeln. Sie hätten ihre Lebenspartner über Telefon um Rat gebeten und am nächsten Tag startete eine merkbar reduzierte Gruppe zum zweiten Mal nach New York. – Man wünscht niemandem eine solche Zwangslage, aber jedem und jeder solche Gelassenheit in ähnlicher Situation und die Gabe, wenn man selbst nicht handeln kann, aufmerksam zu verfolgen, was geschieht.


Titelbild: Lockheed L-1649 Constellation TWA. Quelle: NASA (Ames Imaging Library System (AILS))

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