Zur Aktualität der Grundsteinmeditation

Von 18. bis 22. Juli kamen um die 70 Teilnehmende zu einer von der Sektion für Schöne Wissenschaften und der Sektion für Redende und Musizierende Künste veranstalteten Intensivwoche zur Grundsteinmeditation. Der Ort der Zusammenkunft hätte nicht besser gewählt sein können: in der Schreinerei neben dem Goetheanum, wo vor 99 Jahren der Grundsteinspruch zum ersten Mal erklang.


In einer gewissen Treue wird diese Meditation immer wieder neu gemeinsam betrachtet, durchdacht, besprochen und in eurythmischer Gestalt angeschaut. Eine schöne Stimmung durchwebte diesen Versuch der Vertiefung in einer besonders intensiven Verbindung mit der Eurythmie. Denn alles andere als unzeitgemäß ist diese Meditation. Wenn auch die von Krisen geschüttelte Welt so dringend unsere Aufmerksamkeit und Sorge benötigt, so ist es nicht zuletzt das erleuchtende Wort, das Frieden stiften soll, wenn der Lärm des Krieges verstummt und wenn wirtschaftliche Krisen ihre vernünftige Lösung finden müssen. Es ist heute geradezu schon zur Gewohnheit geworden, das Wort zu missbrauchen, wo die bewusste Lüge sich ihren brutalen Weg durch den öffentlichen Raum bahnt. Es muss Orte geben, auch wenn es Seelenorte sind, wo das Wort gepflegt und wiederhergestellt wird und seine friedliche Weltmission entfalten kann. Mit dergleichen Gefühlen kann man sich immer neu an die Grundsteinmeditation wenden und sich durch sie gestärkt erleben. Es ist möglich, das Wesentliche zu sagen und aufleuchten zu lassen. Wir erleben es ja.

Gestalten und Gesichtspunkte

Da wir nächstes Jahr auf ein Jahrhundertfest der Weihnachtstagung zugehen, mögen wir diese Zuwendung zum Grundstein noch steigern. Vor sechs Jahren war am Goetheanum ein mit den Landesvertretern und -vertreterinnen gemeinsam gefasster Impuls da, die Feier vorzubereiten. Wie viel wurde da zusammengetragen! Wie viel ist aber noch zu tun! Die unterschiedlichen Fassungen des Grundsteins wurden betrachtet. Von der physischen Grundsteinlegung auf dem Dornacher Hügel 1913 zur Grundsteinlegung am 25. Dezember 1923, die verschiedenen Gestalten des Grundsteinspruches, dann zu Ostern 1924 in eurythmische Form gebracht. Viele Freundinnen und Freunde haben seitdem zum Grundstein (-Spruch/-Meditation) gesprochen, geschrieben, ihn in viele Sprachen übersetzt, mit den Rhythmen gelebt. In ihm ist ein Zentrales für die Anthroposophie, die Anthroposophische Gesellschaft und deren Arbeitsfelder erkannt worden. Diese Fülle der Beiträge ist so leicht nicht mehr zu bewältigen. Und sollte es natürlich auch nicht sein, da sie ein Lebendiges, kein totes Erbe ist. Die Umschau lohnt sich, wo viele ihr Bestes gaben.

Vorausblick

Es tat wohl, während dieser Intensivwoche am Anfang den Grundsteinspruch durch einen Sprechchor zu hören und ihn dann jeden Tag in Eurythmie anzuschauen. Von den Eurythmistinnen und Eurythmisten der Goetheanum-Bühne ist er jetzt fast über ein Jahrhundert treu bewahrt und gepflegt und in dieser Reife dankbar von den Zuschauenden entgegengenommen worden. Tägliche Betrachtungen zum einzelnen Wortlaut des Spruches brachten ihn uns als Kunstwerk näher. Das gab auch eine Aussicht für 2023. Man könnte natürlich das Nötige ‹organisieren› (sollte es auch nicht unterlassen), man sollte aber vor allem über den Weg der Schönheit in einer so gefährdeten Welt, wie es die unsrige heute ist, möglichst viele Menschen den Grundsteinspruch und seine Meditation als eine Friedens- und Besinnungsinitiative zu einem Erlebnis werden lassen, das an vielen Orte auflebt.


Bild Schreinerei-Saal am Goetheanum. Foto: Paul Stender

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