Was meine ich mit Individualität?

Individualität meint das Unteilbare. Individualisierung meint ein Eigenwerden. Meint, sich auf sich selber zu stellen. Meint, die Bestimmung seiner selbst nur noch in sich selber zu tragen.


Sich zu emanzipieren von Gruppen und Kollektiven. Ein individueller Mensch hat etwas errungen, wo die eigene Selbstbestimmung seine Zugehörigkeiten zu einem Geschlecht, einem Land, einer Generation wie überstrahlt. Aber: Werde ich, indem ich individueller werde, nicht im gleichen Maße ein Repräsentant des allgemeinen Menschseins? Des Menschlichen vor aller Gruppenbildung? Ein individueller Mensch ist direkt ein Repräsentant des Menschlichen, des Menschheitlichen. Wir sehen das bei großen Individualitäten wie zum Beispiel Nelson Mandela: Er konnte sich nach großen inneren Kämpfen als Individualität hineinstellen in ein Menschsein, das Schwarz und Weiß in sich tragen kann, ohne sie auszulöschen.

Individualität ist ein Begriff aus der Kulturwissenschaft, er hat nur für den Menschen einen Sinn, nicht für die Natur. Nun hat Rudolf Steiner diesen Begriff genommen und in die Agronomie, die eigentlich auf der Naturwissenschaft basiert, eingeführt. Er spricht von der ‹landwirtschaftlichen Individualität›. Nimmt man das ernst, ist damit ein Quantensprung in unserem Verhältnis zur Erde angezeigt. Das heißt, ein landwirtschaftlicher Betrieb ist nicht nur einer von vielen, die plus/minus dasselbe machen. Sondern er ist potenziell so individuell, ganz aus einem eigenen Wesen heraus gestaltet, wie es sonst nur ein Mensch sein kann. Und gerade dadurch kann dieser spezielle Ort ein vollgültiger Repräsentant der ganzen Erde sein. Ist das denkbar? Ist das machbar? Wäre das ein Ansatz für lokales Handeln angesichts von globalen Problemen?


Foto: SL

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