Jeder Mensch hat ein bewegtes Leben

Janos Tedeschi und Christoph Arni sind zwei junge Filmemacher aus der Region Basel, die bisher audiovisuelle Formate im dokumentarischen oder szenischen Bereich produziert haben. Unter anderem schuf Janos Tedeschi den Kinofilm ‹Miriam Goldschmidt – Erfinderin von Dazwischen›, bei dem sich die beiden kennenlernten. Im letzten Jahr begannen sie ‹Lebensbilder›, ein Interviewprojekt auf Film, das sich an der Oral-History-Methode orientiert.


Was ist Oral History?

Oral History ist eine Methode aus der Geschichtswissenschaft, die auf dem Sprechenlassen von Zeitzeugen basiert. Sie versucht, nebst der objektiven Geschichte, welche die größeren Bögen erfasst, den sehr persönlichen Blick des einzelnen Menschen aufzuzeichnen. Dabei wird die interviewte Person beim Erzählen ihrer Lebensgeschichte – von der ersten Erinnerung bis zur Gegenwart – dabei begleitet, die wichtigsten Stationen, Begegnungen und Erlebnisse chronologisch im Detail und ohne Zeitdruck zu erzählen. Was uns beide an dieser Art von Interview so fasziniert, ist, dass jede Lebensgeschichte unglaubliche Schätze und Erkenntnisse in sich birgt, welche oft in Vergessenheit geraten. Die meisten Menschen erkennen ihre eigene Geschichte nämlich nicht als wertvoll. Oft fehlt es zudem an Vertrauen, jemand Nahestehendem die persönliche Geschichte zu erzählen, da viele denken, die Angehörigen und Nachkommen würden sich dafür nicht interessieren, oder es gibt Hemmungen, gewisse Erlebnisse auszusprechen. Dabei haben wir festgestellt, dass sehr viele Kinder und Enkel solche Aufzeichnungen der Erinnerungen ihrer (Groß)eltern sehr schätzen würden, oft jedoch der Gedanke daran erst nach dem Tod der jeweiligen Person aufkommt.

Was hat euch bei euren bisherigen Gesprächen überrascht?

Wir stellen immer wieder fest, wie der Prozess des Sich-Erinnerns und das Erzählen und Festhalten der eigenen Geschichte dabei hilft, sich seiner selbst bewusst zu werden. Freudige und traurige Erlebnisse werden plötzlich in neuen Zusammenhängen gesehen. Das ist für viele Interviewte eine durchaus intensive und auch sehr bereichernde Erfahrung.

Wie würdet ihr euer Projekt gern weiter gestalten?

Wir stellen uns häufig vor, wir hätten ein mehrstündiges Interview auf Film mit den Großeltern oder gar Urgroßeltern. Es geht dabei natürlich nicht nur ums ‹Festhalten› von Erinnerungen, sondern auch darum, bei den interviewten Personen einen Prozess anzustoßen, in dem man sich mit einer Biografie auseinandersetzen kann. Wir haben die Idee, die Interviews der jeweiligen Person auf einem USB-Stick in einer schönen, von Hand gefertigten und mit Stoff überzogenen Schachtel, bedruckt mit Namen und Datum, zu übergeben, vielleicht auch noch mit einem beigefügten Transkript.


Kontakt mail@lumea-film.ch

Bild: ‹Lebensbild›. Oral History Interview mit Irene v. R.

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