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Aus Georg Glöcklers Notizen zur Sinneslehre

Die Quelle aller Sinne im Menschen ist Tätigkeit, eine gerichtete Tätigkeit, spezifisch für jeden Sinn. Die Richtung bestimmt das Ich.


Scharf zu unterscheiden sind: Sinn (vom Ich aus gerichtete Aufmerksamkeit), Sinnesorgan (Instrument im Physischen), Sinnesorganisation (der zum Beispiel beim Sehen sich ausstülpende Ätherleib als Instrument aktiver Wahrnehmung) sowie Sinnesempfindung (es lebt in mir und gehört dennoch der Welt an). Der Wahrnehmungsvorgang ist kein Abbild eines in der Außenwelt Vorhandenen. Wahrnehmung geht durch das Chaos der menschlichen Konstitution hindurch (1). Die Eigenschaft des Wahrgenommenen ist zugleich meine Sinnesempfindung (2). Speziell die oberen Sinne bilden ihre Organe im Wahrnehmungsvorgang selbst noch mit. Diese Sinne sind die eigentlichen sozialen Sinne und sind auf Schulung angewiesen. Aufmerksamkeit ist verborgene Liebe zur Welt, die nach außen tritt. Es gibt keine Sinnestäuschungen, der Irrtum liegt im Urteilsprozess. Nachbilder sind wichtig, unterliegen aber  – bei gesunder Seelenlage – dem ‹Stirb und Werde›. Ein menschlicher Sinn ist etwas, was mich veranlasst, die physische Welt ‹als solche› wahrzunehmen (3). Die menschliche Sinnesorganisation ist kosmisch konstituiert (4). In jeder Sinneswahrnehmung gibt es eine Gegenbewegung, der umgekehrte Gebrauch der Sinne (5). Der Mensch ist eine Sonne, seine Sinne sind seine Planeten (6).


(1) Walter J. Freeman, in: ‹Spektrum der Wissenschaft› 3/1991.
(2) Hans Jürgen Scheuerle, Die Gesamtsinnesorganisation. Überwindung der Subjekt-Objekt-Spaltung in der Sinneslehre. Stuttgart 1993.
(3) Rudolf Steiner, Anthroposophie. Ein Fragment.
(4) Rudolf Steiner, Anthroposophische Leitsätze (Nr. 162).
(5) Novalis, Fragment, Ästhetik und Literatur.
(6) Novalis, Fragment, Fragmente über den Menschen.

Bild: Riccardo Guarneri, Sentimento di luce con due archi di cerchio, 2003

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