Mediale Friedensarbeit

Die Liste der Länder ist lang: Vom Krieg im Jemen und in der Ukraine bis zum Bürgerkrieg in Syrien oder Mali und zum Drogenkrieg in Mexiko oder auf den Philippinen. Fast die gesamte Äquatorregion scheint unter Feuer.


Nun erscheinen gerade solche Nachrichten interessant, die dem gewöhnlichen Leben widersprechen. Lebt man in friedlicher Umgebung, haben Kriegsnachrichten Anziehungskraft. Die Neurowissenschaftlerin Maren Urner betont, dass die Aufnahme von Information mit deren Konsum nicht beendet ist. Man muss sie verarbeiten und sollte während des mentalen Verdauens nicht neue Informationen konsumieren. Die mediale Abstinenz sei wichtig, weil man in dieser Zeit das Aufgenommene in das eigene Weltbild integriere. US-Studien von Alison Holman u. a. nach dem Attentat am Bostoner Marathon 2013 zeigten, dass die Menschen, die die Berichterstattung des Attentats intensiv verfolgten, mehr gestresst und in ihrem Weltbild negativ geprägt wurden als die eigentlichen Zeugen. Jeder Krieg schlägt auch bei jenen Wunden, die aus sicherer Distanz zuschauen. Wenn stimmt, dass die Welt so wird, wie sie in uns lebt, dann wird sie durch zu viel Kriegsmedienkonsum eine schlechtere Welt. Friedensarbeit beginnt damit, wie und welche Information man aufnimmt. Bewusster Medienkonsum bedeutet hier, Informationen zu suchen, wo Frieden, wo Einigung gelingt, vielleicht wie bei den Friedensgesprächen zwischen Armenien und Aserbaidschan – oder aufmerksam zu sein, für Friedensinformationen: Helmy Abouleish, CEO von Sekem, erzählte in einem Vortrag, dass es vorkomme, dass Mitarbeitende nach aufwendiger Schulung Sekem dennoch verliessen würden, weil sie bei einem Unternehmen wie Nestle besser verdienen würden. Er, Helmy, sage Ja dazu, denn so entwickle man sich, indem man seinem Egoismus begegne und daraus zum persönlichen Verantwortungsgefühl finde – ein Nebensatz im Vortrag, der in die Waagschale Frieden, Freiheit fällt, der das Weltbild zurechtrückt.


Foto Bianca Sbircea Constantin

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