Führt Eurythmie zur Katharsis?

In der Reihe ‹Eurythmie im Gespräch› unterhielten sich Andrea Pfaehler und Hendrik Levengard, Schauspiel und Regie, sowie Martja Brandsma, Eurythmie, über das Verhältnis von Schauspiel und Eurythmie.


Andrea Pfaehler beschrieb ihren Eindruck als Regisseurin, dass die Choreografie in der Eurythmie ähnlich bestimmt sei wie der Text für Schauspieler. Das mache es schwer, gemeinsam einen künstlerischen Ausdruck zu finden, weil zum Schauspiel das Experiment, die Suche gehöre. Im Schauspiel ist die Form das Letzte und in der Eurythmie als Choreografie häufig das Erste. Sie schloss die Überlegung an, dass man beim eurythmischen Lautieren oft nicht wisse, wen oder was die Eurythmistin darstelle. «Ich sitze hier im Saal, auf dem Tisch stehen Blumen, das Licht ist hell.» Wenn diese Zeile eurythmisiert wird, bleibt unklar, ob die Eurythmistin diejenige ist, die sitzt, ob sie der Stuhl ist, der Saal, das Licht oder dessen Wirkung? Das wechelse oft innerhalb eines Textes. Zum Dramatischen gehöre die klare Zuschreibung.

Martje Brandsma beschrieb in Bezug auf ihre Zusammenarbeit mit einem Schauspieler zu Sonetten von Shakespeare, welche Herausforderung es sei, sich gegenseitig in seiner Kunst zu sehen und zu steigern. Sie beschrieb den musikalischen Gegensatz im ‹Faust II›: ihre Helena-Rolle «Bewundert viel» als durverwandte Stimmung und anschließend «und viel gescholten» als mollverwandte Zeilen. So könne sie im theatralischen Text einen roten Faden für den eurythmischen Ausdruck der Helena-Gestalt entwickeln. So werde, ergänzte Andrea Pfaehler, die Innenseite der Helena sichtbar.

Wenn man eine Naturerscheinung eurythmisiert, welche Rolle spielt dabei die eigene Individualität? fragte Franka Henn (Moderatorin). Martje Brandsma beschrieb es so: Wie das Ich die Essenz der Persönlichkeit sei, so vermag dieser Kern der Persönlichkeit sich mit der Essenz einer Naturerscheinung oder selbst eines übersinnlichen Wesens zu verbinden und so diese Essenz zur Erscheinung zu bringen. Hendrik Levengard ergänzte, dass die Herausforderung für Schauspiel und Eurythmie darin gleich sei. Sie bestehe darin, das Bewusstsein vom Selbstbezug zur Erfahrung des Imaginativen zu führen. Andrea Pfaehler fragte zum Schluss nach der Katharsis, der Verwandlung. Sie gehöre zum Drama und auch zur Komödie, wo sie sich im Lachen ereigne. Sie suche, wo in einer Euythmieaufführung diese Katharsis sei. Oder verlange die Eurythmie ein viel feineres Zuschauen?


Bildquelle Veranstaltungsflyer

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