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Forschung 4: Leben verstehen 2

Nicht nur aus methodischer, sondern auch aus inhaltlicher Sicht hat Goethes Wissenschaft nichts an Aktualität eingebüßt.


In den letzten Jahren ist die Genetik zu ganz neuen Ufern aufgebrochen. So ist die Epigenetik neben der klassischen Genetik zu einer anerkannten Fachdisziplin geworden. Sie untersucht erbliche Veränderungen, die Pflanzen und Tiere im Zusammenhang mit spezifischen Umweltbedingungen erwerben und ihren Nachkommen weitergeben – zufällige Mutation und Mendel in ihrer Ausschließlichkeit sind passé.

Technologische Entwicklungen machen Big-Data-Projekte möglich, die alle Vorstellungen sprengen. In kurzer Zeit werden nicht Gene, sondern Genome, nicht Proteine, sondern alle Eiweiße (Proteom), und nicht einzelne Stoffwechselprodukte, sondern Tausende davon untersucht (Metabolom). In diesen Daten werden Muster, Cluster und Ordnungen gesucht. Mehr als Korrelationen liefern diese Analysen nicht. Ein Verständnis der gefundenen Unterschiede ist auf die intime Kenntnis der analysierten Pflanzen oder Tiere angewiesen.

Leben verstehen bedeutete für Goethe, Bildung und Umbildung der Pflanzen- oder Tiergestalt nachzuvollziehen. Vor derselben Aufgabe stehen die Genetiker heute. Wenn aus Korrelationen Ursachen für Gestaltbildung, Bewegung und Verhalten werden sollen, müssen sie zu den Erscheinungsformen von Pflanzen und Tieren in Beziehung gesetzt werden. Solche Zusammenhänge sind nicht sichtbar, sondern gedanklicher Natur. Deshalb treffen auch hier Goethes Worte zu: «Ich finde die Idee in der Erfahrung, weil die Natur nach Ideen verfährt.»


www.forschungsinstitut.ch/forschung/ gentechnik-ifgene/#c7398

Foto: Igor Son

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