Anthroposophische Arzneimittel kompakt

Mit diesem Arbeitsbuch können alle, die täglich therapieren, ihre therapeutische Fantasie beflügeln.


Die Erarbeitung des ‹Vademecums Anthroposophische Arzneimittel› entspricht einem Peer-Review-Prozess großer medizinischer Journale: Praktisch tätige Ärztinnen und Ärzte beschreiben eine neue Indikation für ein Arzneimittel oder bestätigen dessen Wirkung. Die ehrenamtlich arbeitende Redaktion aus erfahrenen Medizinern und Medizinerinnen sichtet die Angaben, fragt zurück und gewichtet. So ist ein Werk in zwei Bänden entstanden, das in dieser Genauigkeit einer individuellen und doch verallgemeinerbaren Medizin seinesgleichen sucht. Im ersten Band werden fast 2000 Indikationen übersichtlich für 678 Arzneimittel beschrieben, mitgewirkt haben 360 Menschen aus 21 Ländern.

Das deutlich erweiterte Indikationsverzeichnis ist eine große Hilfe. Durch die differenziert formulierten Indikationen und die 181 Leitgedanken zu den Arzneimitteln lernt man manches Arzneimittel besser kennen oder einschätzen. Die Bibliografie ist die größte und aktuellste zu anthroposophischen Arzneimitteln überhaupt. Hilfreich sind die Hinweise, für welche Konstitution ein Arzneimittel besonders geeignet ist. Dieser individualisierende Blick wird durch die 293 Fallvignetten noch lebendiger. Viele ausgezeichnete Farbfotos, überwiegend von Markus Sommer und Anne Sommer-Solheim, tragen in beiden Bänden zum Bild vom Wesenhaften des Arzneimittels bei – ein Fortschritt gegenüber Vorauflagen.

Der zweite Band zeigt eine umfassende Darstellung der Erfahrungen zur Behandlung von 24 verschiedenen Tumorarten. So liegt eine Gesamtschau zur Mistel, den verschiedenen Mistelarzneimitteln und ihren Charakteristika vor, zusätzlich auch zur Christrose und der Herbstzeitlose. 24 Leitgedanken beschreiben das Wesen der einzelnen Tumorgruppen, besonders ausführlich für die Lymphome, Sarkome und das Mammakarzinom. Zum Beispiel erhöht sich das Brustkrebsrisiko durch den westlichen Lebensstil jedes Jahr um fünf bis sechs Prozent. Die zahlreichen Fallvignetten regen auch hier die therapeutische Fantasie an. Erhellend sind Kommentare der Redaktion.

Ein weiteres Kapitel zu den Charakteristika der Krebserkrankung und zu den Leitgedanken bei der Therapie mit Extrakten aus den verschiedenen Wirtsbäumen der Mistel schließt sich an. Inhaltssubstanzen, verschiedene Substanzklassen und die unterschiedlichen Herstellungsverfahren werden beschrieben – eine Basis für eine individualisierte und wissenschaftlich fundierte Misteltherapie im Rahmen einer integrativen Onkologie. Applikationsformen der Mistel sind systematisch beschrieben. Wesentlich ist auch die Begleitbehandlung mit anthroposophischen Arzneimitteln im Rahmen onkologischer Therapiekonzepte wie Strahlentherapie oder Schmerztherapie bei fortgeschrittenen Oberbauchtumoren. Für die Begleitung einer Chemotherapie werden bewährte Therapiekonzepte dargestellt, differenziert nach Substanzgruppen der Chemotherapeutika. Dabei wird auch die Kombination der Mistel mit neuesten medikamentösen Verfahren berücksichtigt.

Therapiekonzepte für besondere Situationen oder bei Kindern und Jugendlichen und ein Abschnitt zur Misteltherapie bei Autoimmunkrankheiten runden den onkologischen Teil ab. Ein kleiner, im Einzelfall wichtiger Nebenaspekt ist die Inhalationstherapie bei einem Bronchialkarzinom mit der Christrose. Der wissenschaftliche Anspruch einer anthroposophischen Tumortherapie wird durch eine kompakte Zusammenfassung klinischer Studien zu Wirksamkeit, Nebenwirkungen und Lebensqualität untermauert. Dabei ist das Ergebnis der gut angewandten Therapie eindeutig: Durch die Abwägung von Wirkung und möglichen Nebenwirkungen profitieren die Patientinnen und Patienten eindeutig von der individualisierten und dennoch empirisch gesicherten Misteltherapie.

In einer Zeit großer Herausforderungen an die Hersteller von Fertigarzneimitteln mit aufwändigen Toxizitäts- und Stabilitätsprüfungen werden auch Arzneimittel aufgeführt, die nur nach ärztlicher Vorschrift zubereitet in Apotheken oder in bestimmten Ländern zur Verfügung stehen. Umfangreiche Adressverzeichnisse gehören daher zum Buch, wie auch ein umfangreiches Abkürzungsverzeichnis. Durch den ansprechenden festen Einband und die attraktive, neu gestaltete Grafik sowie die Fotos ist mit der fünften Auflage ein Werk entstanden, das in dieser Genauigkeit und ansprechenden Schönheit seinesgleichen sucht. Allein schon die Gesamtdarstellung der anthroposophischen Tumortherapie hat fast 750 Seiten. Der zunächst hoch erscheinende Preis von 98 Euro wird dem Wert dieses Werks absolut gerecht, zumal eine Onlinenutzung für ein Jahr im Preis inbegriffen ist.


Buch Gesellschaft Anthroposophischer Ärztinnen und Ärzte in Deutschland und Medizinische Sektion Dornach (Hg.): Vademecum Anthroposophische Arzneimittel (Band 1 und 2 mit Web-App). 5. komplett überarbeitete und ergänzte Auflage, München 2024.

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