Was meine ich mit Sprache?

Die Wunder der Sprache und der menschlichen Sprechfähigkeit sind unerschöpflich.


Eine Sprachforscherin entdeckte, dass sich Betonungen und Pausen beim Gespräch nach einem mathematischen Gesetz verteilen. Das beruht auf dem Goldenen Schnitt. Wer denkt daran, wenn er oder sie spricht? Die Sprache ist viel weiser als der einzelne Mensch. Wortfelder können das Denken auf bedeutende Zusammenhänge hinweisen. Jemand kann die Grammatik seiner Muttersprache beherrschen, ohne zu wissen, dass es sie gibt. Ohne Morphologie gäbe es aber kein einziges Wort und ohne Syntax keinen Satz. In seinem Volksseelenzyklus beschreibt Rudolf Steiner wie Volksgeist, Sprachgeist und Denkgeist manchmal durch Gegensatz zusammenwirken. Stark wassergeprägte Länder haben oft Sprachen mit vielen oder klaren Vokalen. Zum Beispiel schwillt während der Regenzeit der See von Kambodscha gewaltig an. Die dort gesprochene Sprache hat den größten Vokalreichtum. Wer sie beherrscht, kann fast akzentfrei alle übrigen Sprachen der Welt sprechen lernen. Nur liegt bei dieser isolierenden Sprache die Wortfolge im Satz fest. Wenn reiche Flexion die Funktion der Wörter im Satz anzeigt, kann die Wortfolge beweglich und der Satz reiner Denkausdruck sein. Am meisten ist das der Fall im Sanskrit, das dafür wenige Vokale besitzt. Sein häufiges ‹A› bringt Kräften des Staunens und der Ehrfurcht zum Ausdruck. Trotz ihrer Weisheit sollte man sich von der Sprache emanzipieren, denn man ist nur frei, insofern man die Gesetze seines Denkens durchschaut. Durch Loslösung beherrscht und liebt man die Sprache später umso mehr, die allerdings auch Gefahren birgt. Nicht umsonst schrieb Novalis:«Sprache ist Delphi».


Grafik: Sofia Lismont

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