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Ostern am Goetheanum

Musik birgt in meinem Erleben eine besondere Nähe zur Schwelle. Große Musik entfaltet sich aus der Stille heraus. Der Stille des Karsamstags folgt der Ostermorgen, das Miterleben der Auferstehung, das wir intensiv musikalisch erleben können.“


Warum greifen Sie zum diesjährigen Todestag Rudolf Steiners seine Impulse für die Medizin auf? Georg Soldner: In der Medizinischen Sektion beschäftigen wir uns intensiv mit dem ersten Ärztekurs Rudolf Steiners, der die Anthroposophische Medizin begründet hat. Die Karwoche 1920 bildete die mittlere der drei Kurswochen, der Kurs wurde in die Osterzeit hinein komponiert. Die Misteltherapie bei Krebs führte Rudolf Steiner am Karfreitag 1920 in die Medizin ein. Allein schon für diesen einen Vortrag sind unzählige Patienten und Ärzte Rudolf Steiner dankbar. Ein Anlass, seines Todestages am Karfreitag 2018 zu gedenken.

Welcher Impuls geht vom Feiern eines Todestages aus? In der Anthroposophie erstreben wir eine Sprache, die Lebende und Tote verstehen. Die Gegenwart eines Verstorbenen wahrzunehmen, war in meinem Leben die entscheidende Erfahrung, die mir den Weg zur Anthroposophie eröffnete. Es ist ein überwältigendes Erlebnis, auch wenn es sich auf einen aus unserer Sicht ‹ganz normalen› Menschen bezieht. Die Gegenwart des Toten ist etwas ganz anderes, als alte Fotos zu studieren oder alte Briefe zu lesen. Insofern ist Vorsicht geboten, wenn sich Menschen auf einen Verstorbenen so beziehen, dass sie ihn mit der Hinterlassenschaft seines letzten Lebens identifizieren – statt hinzulauschen. Der Verstorbene ist anders. Gegenwärtig. Er kann uns geheimnisvoll berühren. Ein authentischer Bezug zum Verstorbenen kann sehr friedenstiftend sein und uns von zu starker Selbstbezogenheit erlösen.

Sie eröffnen die weitgehend musikalische Veranstaltungsreihe ‹Ostern am Goetheanum›. Wie stellt sich für Sie der Zusammenhang von Ostern und Musik dar? Musik birgt in meinem Erleben eine besondere Nähe zur Schwelle. Die Karwoche ist etwa in den Passionen Bachs in wunderbarer Weise musikalisch erfasst worden. Charakteristisch ist auch der Moment des Verstummens, etwa in der Begegnung Christi mit Pilatus, und die Stille, die der Erregung des Volkes, dem Einschlagen der Nägel, dem Ausruf des Christus am Kreuze folgt. Große Musik entfaltet sich aus der Stille heraus. Der Stille des Karsamstags folgt der Ostermorgen, das Miterleben der Auferstehung, das wir intensiv musikalisch erleben können.


Gesamtprogramm: mit Richard Wagners ‹Parsifal› (3. Aufzug, konzertant), Guiseppe Verdis ‹Messa da Requiem› und dem Eurythmieprogramm ‹Es geht ein Rufton durch die Welt› sowie Ansprachen von Georg Soldner und Johannes Kühl. www.goetheanum.org/8773.html

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