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Licht und Lebenskräfte: Eine brandaktuelle Frage

Licht und Wärme sind, neben Wasser, die wichtigsten Voraussetzungen für Wachstum und Entwicklung auf der Erde. Die Sonne wurde deshalb in vielen alten Kulturen als göttlich verehrt. In ihrem Rhythmus vollzieht sich das Leben der Erde und der Menschen.


Erst vor rund 200 Jahren – weltgeschichtlich ein Wimpernschlag – macht die Entdeckung der Elektrizität ganz neue Lichtquellen möglich. Mit Thomas Alva Edisons Patent auf die Glühlampe beginnt Ende des 19. Jahrhunderts der weltweite Siegeszug der elektrischen Beleuchtung.

In den 1990er-Jahren wird ein wiederum ganz neues Lichterzeugungsverfahren interessant: die Licht emittierende Diode (LED). Die grundlegende Halbleitertechnik ist nicht neu, war aber lange nur für rote Blinklichter – im Taschenrechner oder in Signallampen – zu verwenden. Erst durch die japanische Entwicklung von sehr energieeffizienten blauen Leuchtdioden kann (in Verbindung mit einer orangefarbenen Fluoreszenzschicht) weißes Licht kostengünstig erzeugt werden. Seit der Jahrtausendwende entwickelt sich der Markt für Leuchtdioden rasant: LEDs werden bei Autoscheinwerfern, in Straßenlaternen, Wasserkochern und Computermäusen eingesetzt, für knallfarbige Außenwerbung, effektvolle Architekturbeleuchtung und beim Zahnarzt zur Aushärtung von Füllungen verwendet. Für den Heimbereich wird das ‹warme› Farbenspektrum ausgebaut, die starke Helligkeit, die durch den erhöhten Blauanteil in LEDs befördert wird, wird als ‹konzentrationsfördernd› und ‹stimmungsaufhellend› beworben. (1) Pflanzen werden durch LEDs in Wachstum, Größe und Farbe beeinflusst, Computerbildschirme, Fernseher und Smartphones sowie die Telekommunikation via Glasfaser beruhen auf LED-Technik. Alles scheint technisch möglich, zu immer günstigeren Preisen.

Wie zur Wende des 20. Jahrhunderts der Strom, gilt im 21. Jahrhundert die LED als praktisch, sauber und modern. Mit der großen Vielfalt geht aber parallel auch Beschränkung einher: Die EU-Gesetzgebung macht für Licht – wie für alle stromverbrauchenden Geräte – bestimmte Effektivitätsvorgaben, die die Auswahl der Leuchtmittel begrenzt. Glühlampen sind seit 2014 mehr oder weniger vom Markt verschwunden, 2018 wird die Halogenglühlampe bis auf wenige Ausnahmen ‹ausgemustert›, ab 2020 könnte dann nur noch die LED den vorgesehenen Anforderungen an die Energieeffizienz genügen. Wobei man hier Fragen haben darf, denn die energietechnischen Daten zur LED beruhen vor allem auf hochgerechneten Herstellerangaben, da die Lampen noch gar nicht lange genug am Markt sind, um beispielsweise ihre Lebensdauer (oft werden 20 Jahre und mehr angegeben) praktisch unter Beweis gestellt haben zu können.

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Spätestens mit dem Aufkommen der modernen Naturwissenschaften wird das Verständnis von Licht aus dem kosmisch-weisheitsvollen Zusammenhang herausgelöst.

Ein weiteres und erhebliches Problem bei der Beurteilung von Lichtquellen hat sich historisch entwickelt. Spätestens mit dem Aufkommen der modernen Naturwissenschaften wird das Verständnis von Licht aus dem kosmisch-weisheitsvollen Zusammenhang herausgelöst. Es bleibt schließlich nur noch der von allen Anteilen des Lebens entkleidete sichtbare Teil der elektromagnetischen Strahlung. Damit spielt dann aber auch die Wirkung von Licht auf den gesamten Organismus keine Rolle mehr, die lebensbestimmenden Bereiche Ultraviolett (UV) und Infrarot (IR) werden kaum noch in ihrer Bedeutung erfasst.

Immer blauer

Die Festlegung von Lichtstandards (Normlicht) erfolgt in der Internationalen Beleuchtungskommission (CIE), in der die Deutsche Lichttechnische Gesellschaft (LiTG) die deutschen Interessen vertritt. Medizinische und gesundheitliche Aspekte spielen dabei kaum eine Rolle, ‹Lichtstandards› entsprechen heute also in der Regel dem technisch Machbaren, nicht dem gesundheitlich Wünschenswerten.

Das Unbehagen, das viele Menschen dem LED-Licht entgegenbringen, weist unter Umständen auf ganz konkrete Probleme hin: Blendung, Flimmern und hohe Blauwerte bergen ein erhebliches Potenzial an gesundheitsschädigender Wirkung. (2) 2010/11 hat das französische Gesundheitsministerium eine Studie durchgeführt, die sich intensiv mit den gesundheitlichen Risiken der LEDs auseinandersetzt. Das Fazit der Studie: Licht mit hohem Blauanteil – und das betrifft so gut wie alle marktgängigen LEDs– ist riskant und hat zum Beispiel in Kinderzimmern nichts zu suchen. (3)

Rudolf Steiner beschreibt, dass die Bewusstseinsentwicklung mit einem stärkeren Wahrnehmen des blauen Spektrums zusammenhängt, dass die Menschheit mit der Zeit immer mehr blau gesehen hat. (4) Wenn wir heute nun immer mehr Anteile von Rot in unserem Licht verlieren – man vergleiche dazu die Spektren von Temperaturstrahlern wie Glüh- und Halogenglühlampen mit denen von LEDs (5) –, was bedeutet das für unsere weitere Entwicklung als Menschen?

In der Bildekräfteforschung (6) nimmt die Untersuchung der Auswirkungen von Technik und insbesondere von Kunstlicht inzwischen einen erheblichen Platz ein. Zwei Bereiche haben sich dabei etabliert: Grundlagenforschung zum Verständnis von Licht und Kunstlicht sowie die Untersuchung der Wirkung von Kunstlicht auf die Lebenskräfte von Menschen und von Lebensmitteln. (7)

Die Wirkung von LEDs auf die eigenen Vitalkräfte lässt sich auch von Menschen ohne meditative Schulung direkt erleben und beschreiben. Dazu kann man gezielt eine Reihe von Aufgaben durchgehen und beobachten, wie die eigene Tätigkeit unter verschiedenen Lichtquellen (8) empfunden wird. Bei kognitiven Aufgabenstellungen ist die Erfahrung unterschiedlich: manche Menschen haben Schwierigkeiten, sich unter LED auf eine mathematische Aufgabe zu konzentrieren, für andere ist das unproblematisch. In Bezug auf die Fantasiefähigkeit – wenn man sich beispielsweise eine Geschichte ausdenken soll – wird fast immer geschildert, dass sich die Gedankenfolge und die inneren Bilder unter LED deutlich weniger gut entwickeln können. Übungen, die das meditativ-konzentrative Vermögen ansprechen, gelingen unter LED kaum bis gar nicht. Nur Menschen, die eine völlig ins Innere der Seele fokussierende Meditationstechnik haben, bemerken den Einfluss von LED auf die verschiedenen Wesensglieder unter Umständen nicht.

Um das zu verstehen, muss man sich klarmachen, dass unsere Denk- und Vorstellungstätigkeit eben nicht körperlich begrenzt ist, sondern über die Hauptesgrenzen hinausragt. (9) In der inneren Beobachtung und beim Meditieren weiten sich diese ‹Räume› um den Kopf erheblich. Der Ätherraum um den Kopf dehnt sich aus, wird wahrnehmungs- und aufnahmebereit und von Bewusstseinskräften durchzogen. Das gerichtete LED-Licht greift massiv in diese Bereiche ein und erschwert bis verunmöglicht dabei die Bildung von klaren Zusammenhängen.

Was Kraft schenkt und Kraft kostet

Das ist auch zu beobachten, wenn man den Fokus mehr ins Seelische verlagert: Ein Blumenstrauß oder ein Kunstdruck erscheint unter LED brillant in seinen Farben und Details – aber seine lebendige Schönheit, seine künstlerischen Bezüge werden nicht richtig erfahrbar.

Besonders deutlich wird das bei der Eurythmie: Eine eurythmische Gebärde entsteht aus dem Zusammenhang und bildet Zusammenhänge. Wenn ich als Eurythmistin unter LED versuche, eine Lautgebärde zu bilden, dann ‹zerbröselt› sie mir unter den Händen – während der Gestaltung verliere ich den Bezug zu dem, was ich bereits getan habe –, am Ende ‹weiß› ich nicht mehr, wo der Anfang war. Und auch der Zuschauende erlebt das unmittelbar – die Gebärde lebt und ‹spricht› nicht mehr zu ihm, sie verliert ihre Sinngetragenheit. (10)

Wenn man solche Phänomene beschreibt, ist immer mit zu beachten, dass es sich hier um sehr feine Erlebnisse handelt. Man kann als Mensch natürlich immer verstärkte Seelenkraft in die innere Aktivität legen und Hindernisse im Ätherischen durch Bewusstseinskraft überwinden – aber es kostet eben mehr Kraft –, ein weiterer Grund dafür, warum sich so viele Menschen erschöpft fühlen unter LED.

Auch bei Lebensmitteluntersuchungen, u. a. an Äpfeln, Möhren, Honig, Milch, Öl und Wein, konnten diese abbauenden Kräftewirksamkeiten beobachtet und dokumentiert werden. (11) Solche Studienergebnisse, die doch mindestens im Biobereich aufrütteln sollten, stoßen aber auf wenig Interesse. Zu weit verbreitet ist die allgemeine Ansicht, dass LED die einzige Zukunft im Lichtbereich ist, zu stark das Argument der Energieersparnis, zu groß die staatlichen finanziellen Anreize zum Umrüsten – es werden Fakten geschaffen, ohne dass über langfristige Wirkungen auch nur nachgedacht wird. Wozu wird Obst und Gemüse nach strengen Demeter-Richtlinien angebaut, wenn die dadurch erzeugte Qualität im Laden dann einfach wegbeleuchtet wird?

Parallel zu den Lebensmittelversuchen hat Uwe Geier vom Verein Forschungsring die Wirkung von LED in Schulklassen der Unterstufe und auch in Kindergartengruppen untersucht. (12) In den einzelnen Klassenstufen wurden verschiedene Aufgaben gestellt: Diktate, Tafelabschreiben, freie Erzählungen und das Malen von Bildern. Dabei ließ sich vor allem bei der Gedächtnisbildung und der Fantasiefähigkeit eine negative Wirkung von LED-Licht nachweisen: Bei Tafelabschreiben und Diktat wurden mehr Fehler gemacht, die Erzählungen waren kürzer, die Bilder insgesamt kleiner und weniger farbig.


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Dem widerspricht nicht die Tatsache, dass sich zum Beispiel Oberstufenschüler und auch Lehrkräfte unter LED aufgemuntert und angeregt fühlen können – obwohl auch hier ein genaues Hinschauen, was auf Dauer wirksam und förderlich ist, angebracht wäre. Und es darf nicht vergessen werden, dass viele Schulen völlig veraltete Beleuchtungsverhältnisse haben. Eine moderne LED-Beleuchtung mit gut ausgeleuchteten Raumverhältnissen muss da zunächst positiv bewertet werden. Es darf aber die Lichtqualität nicht mit der Lichtgestaltung verwechselt werden! Ein Plädoyer für den vorsichtigen Umgang mit LED bedeutet nicht, dass schlechte Lichtverhältnisse zu bevorzugen wären, sondern will darauf aufmerksam machen, dass ein differenzierter Blick auf die Frage, welches Licht an welcher Stelle sinnvoll sein kann, nötig ist. Dies scheint in Bezug auf die langfristige Wirksamkeit der vielen Ebenen von Licht auf die menschliche Konstitution – gerade bei Heranwachsenden! – dringend geboten.

In welchem Licht wollen wir leben?

Es gibt leider keine leichten Lösungen für ‹gutes Licht›. Aber eine ausschließliche Fokussierung auf Energie- und Kostenersparnis wird der Problematik um adäquates Licht für verschiedenste Situationen des Lebens nicht gerecht. Und es wäre nicht das erste Mal in der Wissenschaftsgeschichte, dass sich euphorische Anfangsannahmen über eine neue Technologie – gerade wenn sie mit starken wirtschaftlichen Interessen verknüpft sind – auf Dauer nicht bestätigen.

In der Zwischenzeit gilt es aufzuwachen und Entscheidungen zu treffen. Dazu gehört auch das Engagement für Wahlmöglichkeiten, damit wir selbst entscheiden können, welches Licht in unseren Schulen, an unseren Arbeitsplätzen, in unseren Schlaf- und Kinderzimmern leuchtet. 2020 soll die bestehende EU-Öko­design-Verordnung dahingehend ergänzt werden, dass kein anderes Leuchtmittel außer LED die Energievorgaben erfüllt. Einwände dagegen gibt es durchaus – auch von der Industrie, die darauf hinweist, dass die LED-Technik noch nicht ausgereift ist, um in allen wirtschaftlich relevanten Bereichen eingesetzt zu werden. Damit soll vor allem ein zeitlicher Aufschub erreicht werden.

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Dass die Gesellschaft darüber nachgedenkt, in welchem Licht sie leben möchte.

Die Verantwortlichen bei Lichtfragen.info – Netzwerk für gesundes Licht haben einen Kommentar erarbeitet, in dem die gesundheitlichen Risiken der LED-Technik dargelegt werden. Er geht direkt an die Ressortverantwortlichen in der EU. Parallel dazu soll die Öffentlichkeit auf die Problematik und die Konsequenzen der einseitigen Entwicklung im Bereich Licht aufmerksam gemacht werden. Dazu ist eine Petition gestartet worden – nähere Informationen siehe Infokasten. Wenn genug Menschen mitmachen, wäre dies eine Chance, die Diskussion ums Thema Licht wieder zu öffnen, wichtige Argumente in die öffentliche Meinungsbildung einfließen zu lassen und dafür zu sorgen, dass nicht allzu viele unumkehrbare Fakten geschaffen werden, ohne dass die Gesellschaft darüber nachgedacht hat, in welchem Licht sie leben möchte.


Eine Art von Dämmerung

«Der Grieche erlebte den Gedanken als etwas Wahrgenommenes, nicht als etwas aktiv Ausgebildetes. Und daher waren die Griechen eigentlich nicht ein nachdenkliches Volk in dem Sinne, wie wir es sind. Nachdenklich sind die Menschen eigentlich erst geworden seit der Mitte des 15. Jahrhunderts. Der Denkprozess hat sich verinnerlicht. Er hat sich verinnerlicht gleichzeitig mit dem Gang des Sinnesprozesses. Die Griechen sahen, ich möchte sagen, mehr auf den aktiven Teil des Spektrums hin, auf die rote, die warme Seite des Spektrums; sie empfanden nur undeutlich die kalte, blaue Seite des Spektrums. Und wir haben heute ganz gewiss eine ganz andere Vorstellung von der roten und warmen Seite des Spektrums, wir sehen es viel mehr gegen das Grüne hin verschoben als die Griechen, die es über unser äußerstes Rot hinaus noch sensitiv verfolgten. Es war das griechische Spektrum ganz nach der roten Seite verschoben. Die Griechen sahen daher auch den Regenbogen anders als wir. Und dadurch, dass wir mehr nach der anderen Seite des Spektrums hin unsere Sensitivität verschoben haben, dadurch wenden wir gewissermaßen unsere Aufmerksamkeit dem Dunklen zu, und das ist schon etwas wie das Eingehen in eine Art von Dämmerung. Da wird man nachdenklich.»

Rudolf Steiner, GA 073a, S. 69


(1) Medizinisch belegt ist die Wirksamkeit von Lichttherapie bei Winterdepression. Dabei wird der Patient Licht von ca. 10 000 Lux ausgesetzt. Entscheidend ist der Blaulichtbereich. Eine entsprechende Dosis Tageslicht hat dieselbe Wirkung.
(2) Näheres: www.lichtfragen.info/de/technische-fakten/lampen/ leuchtdioden.html
(3) Eine Zusammenfassung der Studie: www.lichtundgesundheit.de/Lichtundgesundheit/leds_als_Gefahr.html
(4) «Wenn wir nach unseren heutigen Erfahrungen der Farbenlehre urteilen, so müssen wir sagen: Eine wesentliche Eigenschaft der Griechen war, dass sie blaublind waren, dass sie auch die blaue Nuance in dem Grün nicht gesehen haben, sondern nur die gelbe Nuance. Die ganze Umgebung war für die Griechen viel feuriger, weil sie alles nach dem Rötlichen hin gesehen haben. Bis in diese Art zu sehen geht dasjenige, was Entwicklungsmetamorphosen in der Menschheit sind. Wie gesagt, man kann das äußerlich zeigen.» (GA 198, S. 16 ff.) Siehe auch oben.
(5) Siehe z. B. hier: www.lichtfragen.info/de/technische-fakten/lexikon-licht.html
(6) www.bildekraefte.de
(7) Die Arbeitsergebnisse unter: www.lichtfragen.info
(8) Vorzugsweise vergleiche man einen Temperaturstrahler (Glühlampe, Halogenglühlampe) mit einer in den technischen Daten vergleichbaren LED-Retrofit, die äußerlich einer Glühlampe gleicht und in derselben Leuchte verwendet werden kann.
(9) Zur Überprüfung kann man sich ein Dreieck vorstellen, so deutlich, dass man es beschreiben könnte – und dann die Aufmerksamkeit darauf lenken, wo genau dieses Dreieck erscheint: Bei fast allen Menschen befindet sich der hier angesprochene Vorstellungsraum vor dem Kopf, im vorderen Gesichtsfeld.
(10) Hierzu Klaus Suppan im Rundbrief der Sektion für Redende und Musizierende Künste Nr. 67, 2017
(11) Siehe www.lichtfragen.info/de/studien.html
(12) Eine Veröffentlichung der Ergebnisse ist im Juli/August 2018 geplant. In der ‹Erziehungskunst› von 11/2017 ist ein Bericht erschienen: www.erziehungskunst.de/artikel/waldorf-weltweit/wie-wirkt-kunstlicht-auf-unsere-kinder/

Fotos: Charlotte Fischer

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