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Galsan Tschinag: Geisterchöre

Zuerst bin ich seiner Landschaft begegnet. 2008 ging eine Sonnenfinsternis durch die Mongolei und so fuhren wir mit 40 Interessierten durch die Wüste Gobi Richtung Altai-Gebirge und stiegen auch auf ‹seinen› heiligen Berg Harkhan, der sich über die 3000 Meter hohe Hochebene noch einmal um 1000 Meter erhebt.


Jetzt kam der mongolische deutschsprachige Autor für einen Vortrag ans Goetheanum. Im Großen Saal vorne an der Rampe stand der 75-jährige Schamane Galsan Tschinag bei seinem Vortrag und ruderte und jubelte mit den Armen, als wären wir nicht das Auditorium, sondern ein Chor. Er schilderte noch einmal seine schamanistische Einweihung, als er als Kind einen ganzen Sommer lang lernen musste, mit einem Felsen zu sprechen. Einen Chor von Naturgeistern fühlte man bei seiner Rede um ihn herum. Christiane Haid, die ihn für die Tagung ‹Das Ende des Menschen› eingeladen hatte, fragte ihn später nach seinen Wahrnehmungen über das Goetheanum. Er erzählte, dass er nicht auf örtliche Geister geachtet habe, sondern seine eigenen mitgebracht habe. Von tiefen Einsichten wechselte er unvermittelt zu Politik und Zoten. «Wie kann man nur!», meldet die innere Stimme, es ist wohl die pietistische Tradition europäischer Spiritualität, die sich an solchem Pendelschlag stört und hier lernen kann, freier zu werden.

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