Dem italienischen Komponisten, Literaten und Klangforscher Giacinto Scelsi (1905–1988) wurden mit dem jährlich am zweiten Januar-Wochenende stattfindenden Scelsi-Festival in Basel und einer Lesung mit Musik in der Christengemeinschaft Basel gleich zwei Veranstaltungen gewidmet.
Giacinto Scelsi gilt unter den Komponisten des 20. Jahrhunderts als ambivalente Figur auf dem Grat zwischen Wahnsinn und Genie sowie Improvisation und Komposition. Seine Musik und seine Texte erinnern manchmal an einen sich um sich selbst drehenden Derwisch: Er schafft in sich selbst versunkene Klänge, faszinierend, schillernd, einnehmend und die Außenwelt um sich herum vergessend.
Auch seine Texte oszillieren zwischen Materialität und Immaterialität, eng mit der Grenze von Sinnlichem und Übersinnlichem verwachsen. Sein komponistisches Selbstverständnis – er verstand sich als Medium kosmischer Klänge – kulminiert darin, dass er in stundenlangen Improvisationen auf dem Klavier oder der Ondioline, einem frühen elektronischen Instrument, vor allem nachts seine ‹Kompositionen› aufnahm. Spielpartituren existieren seither ausschließlich dank Transkriptionen von Schülern und Mitarbeitern. Vor allem von fernöstlichen Philosophien und spirituellen Strömungen, Reinkarnation und auch Anthroposophie inspiriert, spitzt sich sein Kompositionsstil auf die Omnipräsenz von Klang und Ton zu: ‹Quattro pezzi per orchestra (ciascuno su una nota)› von 1959, ein viersätziges Orchesterwerk über einen Ton – ist es ein Zufall, hier musikalisch Steiners Hinweis auf den Kosmos eines Einzeltons verwirklicht zu hören?
Von Eintönigkeit lässt sich gewiss nicht sprechen, schafft seine Musik doch eine vibrierende Faszination, die bis heute anhält.
Zum Foto: Autogramm Scelsi