Eine anthroposophische Erzählung

Die Welt entfaltet sich vielschichtig. Diese vielen Schichten durchdringen einander. Nur die Oberfläche des Wirklichkeitsmeeres vermögen die jetzigen Menschen mit ihren schlafenden Organen wahrzunehmen und mit ihrem Intellektualismus zu verstehen.


1

Es war einmal ein Mann, der mit seiner Frau in einem Wald lebte. Vor Tagen hatte es viel geregnet. Nun gab es keinen Regen mehr, aber die Sonne kam doch nicht hervor. Am Mittag ging der Mann hinaus zum Kochen. Er holte einige kleine und große Äste und Zweige und schichtete sie zu einem Haufen. Dann versuchte er, ihn zu entzünden, aber das wollte nicht gelingen. Er schaute den Haufen fragend an, da bemerkte er, dass der Haufen zu feucht war. So sammelte er erneut. Er suchte kleine und trockene Holzstückchen und zündete sie an. Daneben legte er die großen Stücke, damit sie durch die Wärme getrocknet wurden. Nach geduldigem Warten und sorgfältigem Pflegen loderte das Feuer, und mit der Zeit entstand eine leuchtende Glut. Der Mann lächelte befriedigt und begann zu kochen.

2

Es gab einen Mann, den die Geister liebten. Aber seine Seele füllte sich mit vielen unharmonischen Elementen und Empfindungen, Gefühlen, Gedanken. Das sorgte dafür, dass seine Seele so feucht war, dass die feurigen Geister unfähig waren, hineinzufließen und sie zu entzünden. Eines Tages wollte der Mann ein Feuer machen. Diesen Moment sahen diese Geister als eine gute Fügung, die Feuchtigkeit aus dieser Seele zu vertreiben. Am Anfang gelang es leider nicht. Sie beteten, er möge mehr Geduld haben. Der Mann machte es so, wie sie es ihm einflüsterten. Als das Feuer langsam loderte, erkannte er: Um die Feuchtigkeit zu vertreiben und dann die Seele anzuzünden, sollte man zuerst das kleine Feuer geduldig pflegen, welches eigentlich auf das erwachende Interesse, die sich erwärmende Liebe und den wachsenden Mut für das Leben hinweist. Damit waren die segnenden Geister zufrieden, wie der Vater mit seinem Sohn.

3

In der Vergangenheit besetzte alles je eine von den Geistern durchdrungene Seele, sogar solch scheinbar lebloses Material wie Holz. Darin gab es ein besonderes Stück. Es war ein bisschen größer als die anderen und verlangte danach, sich verbrennen zu lassen, um in einen neuen Lebenszyklus einzugehen. Aber es hatte tagelang geregnet. Alles war nass. Nun kam ein Mann, um zu kochen. Darüber freute sich das Holz. Es wartete, um angezündet zu werden. Wegen der Feuchtigkeit scheiterte dies leider. Frustriert schaute es den Mann an und betete, dass er geduldig bleibe. Es durfte entdecken, dass der Mann den richtigen Weg gefunden hatte. Er häufte leicht entzündbare Holzstückchen in der Mitte der Feuerstelle an. Daneben und darauf legte er die großen Hölzer. So wurden sie langsam getrocknet und konnten entzündet werden. Damit war das sich opfernde Holz zufrieden, sich bedankend bei diesem Mann für seine Geduld.


Titelbild: Sofia Lismont

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