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Die Wüste hat zwölf Ding

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Du sollst minnen das Nicht,
Du sollst fliehen das Icht.
Du sollst alleine stahn
Und sollst zu niemand gahn.
Du sollst sehre unmüßig sein
Und von allen Dingen frei sein.
Du sollst die Gefangenen entbinden
Und die Freien zwingen.
Du sollst die Siechen laben
Und sollst doch selbst nichts haben.
Du sollst das Wasser der Pein trinken
Und das Feuer der Minne mit dem Holz der Tugend entzünden.
So wohnest du in der wahren Wüste.
— Mechthild von Magdeburg (um 1207/10–1282/83) Aus: Ulla Hahn (Hg.): Stechäpfel. Gedichte von Frauen aus drei Jahrtausenden. Stuttgart 2008, S. 277.

Das seelisch-geistige Leben aus dem Feuer der Minne lebendig zu halten verlangt nach der kosmischen Dimension der Zwölfheit, aus der heraus die Wüste tragbar und fruchtbar ist.

Johanna Lamprecht


Zeichnung von Philipp Tok

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