Die pfingstliche Frage

«Als der Tag des Pfingstfestes gekommen war, waren alle zusammen am selben Ort. Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jedem von ihnen ließ sich eine nieder. Und alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt und begannen, in anderen Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.»


So schreibt es Lukas in der Apostelgeschichte. Von dreierlei ist die Rede: Die Jünger sind im Haus versammelt und bilden eine Gemeinschaft. Auf jeden lässt sich eine Flamme des Geistes nieder. Jeder findet so seine eigene Inspiration. Und schließlich beginnen alle in ihrer Sprache zu sprechen. Jeder findet seine ureigene Sprache. Das sind die drei Schritte zu einer pfingstlichen Gemeinschaft. Man kommt zusammen, nicht um sich auf ein Wahres zu richten, sondern um die Energie zu schaffen, dass jeder und jede seinen und ihren Anteil der Wahrheit erfährt. Aus dem persönlichen Empfangen wird dann ein individuelles Gebenkönnen, denn nun vermögen alle ihre Sprache zu finden. Wie wäre unsere Welt, wenn alle Verstummten und alle Empörten vermöchten, ihre eigene, ureigene Stimme zu erheben, und wenn die Menschheit zur Gemeinschaft werden würde, sodass alle Scham und Schuld und Scheu jedes Einzelnen sich löste und alle 8 090 455 000 gegenwärtigen Menschen ihre Sprache finden würden? Eine pfingstliche Frage.


Foto Dadalan Real von unsplash

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