Gegen Rassismus

Anthroposophische Einrichtungen wenden sich gegen Rassismus und politischen Extremismus.


Der Vorwurf des Rassismus ist ein immer wieder verwendetes Instrument, will man die Anthroposophie diskreditieren. Ein erster Schritt, um dem nachhaltig zu begegnen, war die Studie, die vor 25 Jahren von dem niederländischen Menschenrechtsexperten Ted A. van Baarda durchgeführt wurde. Eine Rassenlehre gebe es bei Rudolf Steiner nicht, so die Kommission in ihrem Abschlussbericht. In dem 89 000 Seiten umfassenden Gesamtwerk Rudolf Steiners fänden sich aber 16 Zitate, die wegen ihres diskriminierenden Charakters heute geäußert möglicherweise strafrechtlich relevant wären und 66 ‹minder schwere› Fälle von Diskriminierung beziehungsweise von missverständlichen Äußerungen. Im Oktober 2007, als erneut Kritik erhoben wurde und von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien eine Indizierung von Schriften Steiners drohte, verabschiedete der Bund der Waldorfschulen die ‹Stuttgarter Erklärung›. Sie wendet sich gegen jede Form von Diskriminierung und räumt ein, dass es im Werk Rudolf Steiners Textstellen gibt, die nach heutigem Verständnis diskriminierend wirken. Einen Monat später veröffentlichte der Vorstand der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland ebenfalls eine Stellungnahme dazu, die betonte, dass Rudolf Steiners Formulierungen zeitgebunden seien und «eine Prüfung die gegenteilige Intention erkennbar mache».

Grafik: Fabian Roschka

Mit dem ‹Frankfurter Memorandum› folgte ein Jahr später eine umfassendere Einordnung der Vorwürfe. Im vergangenen Jahr wurde ausgelöst durch die Corona-Demonstrationen diesmal nicht dem Werk Steiners, sondern vielmehr Anthroposophinnen und Anthroposophen selbst eine Nähe zu rechten Ideologien unterstellt. Deshalb entwickelte der Verbund anthroposophischer Medienschaffender und Öffentlichkeitsbeauftragter KOPRA eine neue Erklärung, der sich jetzt, so das Ziel, möglichst viele anthroposophische Institutionen anschließen sollten. Gerald Häfner, in der Goetheanumleitung für die Kommunikation verantwortlich und aus seiner politischen Arbeit erfahren mit medialen Statements, übernahm hier die Federführung. Dabei gehe es, so Gerald Häfner, gerade jetzt in der Corona-Krise darum, den Reduktionismus und Materialismus zu überwinden zugunsten eines ganzheitlichen ökologischen und spirituellen Weltbildes. Dazu sei Anthroposophie mehr denn je gefragt, aber sie könne diskreditiert werden, wenn sie sich nicht klar und unmissverständlich gegen jede Form eines Denkens richte, das ein ‹Über› und ‹Unter› in das menschliche Miteinander trage. Es sei nun erfreulich, dass sich viele Institutionen wie Demeter oder Anthropoi an der Stellungnahme beteiligten. Der Anthroposophie nahestehende Unternehmen seien allerdings zurückhaltend. Das sei, so Häfner, verständlich. Sie würden die Initiative sehr begrüßen, wollen aber in der Öffentlichkeit nicht als für die Anthroposophie verantwortlich verstanden werden.

Auf die Frage, welche weiteren Schritte er sehe, antwortete Häfner: «Die Stellungnahme hilft uns außerordentlich, aber mit ihr ist es nicht getan. Wollen wir als Anthroposophische Gesellschaft angemessen als Gesprächspartnerin an der gesellschaftlichen Entwicklung teilnehmen, dann sollten wir weiter gehen. Dann sollten wir nicht nur über Äußerungen von 1917 nachdenken, sondern auch über Haltungen, Äußerungen und Strukturen von heute. Anthroposophie erscheint heute, und das ist kein Vorwurf, als Bewegung von weißen, europäischen, gut situierten Frauen und noch mehr Männern. Wie können wir unser Auftreten so wandeln, dass Anthroposophie nicht nur in ihren Ideen, in ihrem Angebot, sondern auch in ihren heutigen Repräsentantinnen und Repräsentanten allgemein menschlich ist?»


Die Erklärung:

Seit Beginn der Coronapandemie wird die Anthroposophie in den Medien vermehrt mit rechtsextremen Parteien, Reichsbürgern, Corona-Leugnerinnen und rassistischem Gedankengut in Verbindung gebracht. Als Organisationen, Einrichtungen und Firmen der anthroposophischen Bewegung widersprechen wir diesen Darstellungen ausdrücklich. Es gibt keinen Schulterschluss zwischen rechten Ideologien und der Anthroposophie.

Private Meinungen und Verhaltensweisen einzelner, sich der Anthroposophie zugehörig fühlender Personen werden dort genauso kontrovers diskutiert wie anderswo – sie spiegeln nicht die Ansichten der anthroposophischen Initiativen, Unternehmen und Einrichtungen wider. Wir distanzieren uns uneingeschränkt von allen rechtsextremistischen, rassistischen und antisemitischen Gruppierungen und deren Ideologien.

Anthroposophie lebt von der geistigen Freiheit und von der geistigen Vielfalt – das schließt Rassismus per se aus. Sie setzt auf die Entwicklung des Individuums zu Mündigkeit und Selbstverantwortung sowie auf das Interesse am anderen Menschen. Das bezeugen zahlreiche anthroposophische Initiativen in aller Welt wie zum Beispiel Waldorfschulen und -kindergärten, die biologisch-dynamische Landwirtschaft sowie Einrichtungen des anthroposophischen Sozialwesens.

Durch die Coronapandemie hat sich die soziale Ungleichheit weltweit auf dramatische Weise verschärft. Die Menschheit steht vor großen Herausforderungen im Hinblick auf diese Ungleichheit, die Klimakrise und die globale Umweltzerstörung. Anthroposophische Einrichtungen und Firmen haben sich weltweit gemeinnützigen und integrativen Werten verschrieben und setzen sich für Menschenrechte, Chancengleichheit, soziale Gerechtigkeit und planetare Gesundheit ein.

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