Dornach, Schweiz. Dieses Jahr kennzeichnet den 25. Todestag des Malers Gerard Wagner. Im Atelierhaus sind noch bis zum 15. Dezember unter dem Titel ‹Metamorphose – Die Kunst des Lebendigen› ausgewählte Werke von ihm zu sehen.
Stellt man die Frage, welches besondere Merkmal das malerische Werk Gerard Wagners kennzeichnet, fällt einem wahrscheinlich das Thema der Metamorphose ein. Diejenigen, die mit seinem Werk vertraut sind, kennen die Reihen von Pflanzensequenzen, die alle Stadien der Pflanzenentwicklung zeigen, oder haben die Sequenzen geschätzt, die verschiedene Tierformen abbilden, die aus jenem seltsamen Bild – halb Tier, halb Mensch – hervorgehen, das in kosmischen Gewässern schwimmt. Das Urpflanzenmotiv und das Urtier-/Urmenschmotiv, beide von Rudolf Steiner in Aquarell gemalt, waren Ausgangspunkte für jahrelange Forschungen. Auch Steiners Naturstimmungsmotive offenbarten dem Maler eine natürliche Tendenz, sich ineinander zu verwandeln. Das Motiv der blühenden Bäume zum Beispiel sehen wir stufenweise in das Motiv des Sonnenaufgangs übergehen. Wagner geht noch weiter und entdeckt, dass diese Naturstimmungsverwandlungen den Betrachter in unbekannte Gefilde führen können, in geheimnisvolle Geschehnisse. Man könnte leicht denken, dass diese Metamorphosenreihen schlichtweg aus einer Begabung für fantasievolle Illustration entstanden sind. Das Interesse und die Wertschätzung können sich jedoch vertiefen, wenn man sich vergegenwärtigt, dass diese Werke ihren Ursprung nicht in der Darstellung von Ideen haben, sondern einer geschulten Fähigkeit entspringen, Farbe zu empfinden und zu erleben. Um dies zu erreichen, erfand Wagner eine wissenschaftliche Herangehensweise, um seine Seelenaktivität zum Bewusstsein zu bringen. Dies erforderte jahrelange innere Arbeit. Ein Motto für seine Vorgehensweise findet man in Steiners Buch ‹Die Philosophie der Freiheit›: «Seelische Beobachtungsresultate nach naturwissenschaftlicher Methode.» Wir wissen von Goethes Entdeckungen zur Metamorphose und wie diese Rudolf Steiner inspirierten. Die Metamorphose in der Kunst sehen wir hauptsächlich in der Architektur und den skulpturalen Formen der Goetheanumbauten. 25 Jahre nach dem Tod von Gerard Wagner und 100 Jahre nach der Entstehung der Gemälde und Skizzen Rudolf Steiners, die Wagner als Grundlage für seine Tätigkeit dienten, könnte der Moment gekommen sein, eine wichtige Entwicklung zu würdigen: Die Metamorphose in der Malerei hat durch die geisteswissenschaftliche Forschung eines Malers ihren festen Platz in der anthroposophischen Bewegung gefunden.
Malerei von Gerard Wagner