Sinnlichkeitsforschung

Neulich ging ich mit einer Floristin durch das Goetheanum und den umgebenden Garten. Jeder Pflanze zollte sie Begeisterung und Respekt für ihre einzigartige Schönheit und jeder Blumenstrauß erfüllte sie mit Freude über seine Komposition von Farbe und Form.


Durch ihre Aufmerksamkeit und ihre Kenntnisse über das Ästhetische der Pflanzen wuchs die Begeisterung für jedes Detail auch in mir. Es war einladend, sich so an die Blüten und Kräuter hinzugeben. Die Pflanzenbetrachtung wurde lustvoll. Jeder Sinn zählte und wollte sich in dieser gesteigerten Lust aussprechen. Wahrnehmung kann man üben, weil es sinnvoll ist und nottut. Oder auch, weil es sinnlich ist und erfüllend. Mir wurde durch die befreundete Floristin wieder klar, wie einfach es ist, tiefer wahrzunehmen und dadurch zur Erkenntnis durchzustoßen, wenn man die Schönheit des Lebens genießen kann. Es braucht nur die Hingabe, die in den Sinnen schon selbständig lebt. Man kann sich darin fallen lassen und dankbar empfangen. Der Sinn für Schönheit oder die Sinnlichkeit ist wie ein Tor, das die Sinne weit aufstößt. Pflanzen beginnen zu sprechen, wenn man das Leben, das von ihnen ausgeht, genießen kann. Daraus wachsen nicht nur Erkenntnisse, sondern auch die Freude, dass man sich mit dem Kosmos augenblicklich wieder vereint.


Bild: Severin Geissler und Laura Engeser, ‹Illustrationsmaschine›.

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