Partnerschaftskrise mit der Erde

Die Coronapandemie ruft dazu auf, das Verhältnis Mensch und Erde zu befragen. Die Mitglieder der Goetheanumleitung zeigen im Buch ‹Coronazeit›, wie der Blick den Umgang mit den anstehenden Aufgaben prägt und Wesenszusammenhänge zu berücksichtigen sind.


Der Umgang mit der Coronapandemie hängt vom Standort und Erfahrungsraum ab – betroffen sind gleichwohl alle Menschen. Denn Covid-19 greift «auch die Mitte der Gesellschaft» an und droht, «uns im Dialog zu spalten», diagnostiziert Georg Soldner, Co-Leiter der Medizinischen Sektion am Goetheanum: «Covid-19 stellt die Frage nach dem Zusammenleben.» Er nimmt die gegenwärtige Situation als eine «Partnerschaftskrise mit der Erde, mit dem Lebendigen» wahr. Damit muss man sich aber nicht abfinden. Gerald Häfner: «Wir können, wenn wir wollen, alles ändern. Es liegt in unserer Hand.» Wir würden uns oft noch so verhalten, «als ob jemand anderes verantwortlich wäre und nicht wir selbst». Sars-CoV-2 zeigt, was geschieht, wenn der Lebensraum von Wildtieren vernichtet oder enge Gefangenschaft zu dauerhaftem Stress führt. Und nicht erst jetzt: In der Landwirtschaft treten seit Jahrzehnten neue Epidemien auf, durch Viren, Bakterien oder Pilze ausgelöst. Die schädliche Wirkung durch Dekontextualisierung entsteht auch, wenn auf bestimmte Bereiche begrenzte wissenschaftliche Aussagen auf andere übertragen oder verallgemeinert werden, denn «ein wissenschaftliches Ergebnis mit seiner Erkenntnissicherheit» ist «nur in dem Setting, in dem es gewonnen worden ist, gültig», sagt Matthias Rang, Co-Leiter der Naturwissenschaftlichen Sektion am Goetheanum. Zudem sind nach Christiane Haid unterschiedliche Erkenntnisformen nötig, je nachdem, «ob ich untersuche, wie ein fallender Stein sich verhält, ob ich das Wachstum einer Pflanze anschaue oder ein Kunstwerk betrachte».

Auf die Bildung kommt dabei eine besondere Aufgabe zu. Lernen beruht auf Eigenständigkeit und Erlebnissen, im Respekt vor der «Einmaligkeit eines jeden Menschen», wie es Constanza Kaliks sagt. Stefan Hasler weist auf einen Dreiklang hin: «Im Leiblichen Ruhe; im Seelischen Gegenwärtigkeit; im Geistigen Transparenz und Ehrlichkeit.»


Buchcover Ueli Hurter, Justus Wittich (Hg.), Coronazeit. Zur geistigen Signatur der Gegenwart. Verlag am Goetheanum, 288 Seiten, 2021

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