Mit dem Körper denken

Malcom Gladwell stellt die Geschichte an den Anfang seines Buches ‹Blink! Die Macht des Moments›: 1983 bot ein Kunsthändler dem Getty-Museum in Los Angeles einen griechischen Kuros an, den er auf das sechste vorchristliche Jahrhundert datierte.


Das Museum ließ von Kunsthistorikern und Archäologinnen den Fund prüfen. Mit Massenspektrografie und Röntgenfluoreszenzuntersuchung erkannte der Geologe Stanley Margolis, dass der Marmor aus dem antiken Bergwerk der Insel Thasos stamme. Die Kalzitschicht auf der Figur sei entscheidend, denn dafür brauche Marmor tausend Jahre. Kurz vor dem Kauf bekam Evelyn Harrison, weltweit führende Expertin für griechische Plastik, die Figur zu Gesicht. Als das Tuch vom Marmor heruntergezogen wurde, war sie sogleich skeptisch. Die Figur wurde zu einer Konferenz nach Griechenland gebracht. Georgios Dontas, Leiter der Archäologischen Gesellschaft von Athen, spürte ein Frösteln beim Anblick der Figur und sagte: «Als ich den Kuros gesehen habe, hatte ich das Gefühl, uns trenne eine unsichtbare Wand.» Es folgten Diskussionen und Untersuchungen, doch über allem Analysieren und Argumentieren thronte die unmittelbare Intuition der erfahrenen Augen, eine Intuition, die mit dem ganzen Körper wahrgenommen wurde, dass das Werk nicht echt sei und tatsächlich, es war eine Fälschung.


Bild Kuros von Theben, Archäologisches Museum, Athenee (Wikimedia/CC)

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