Die Lichterfahrung, von der Jacques Lusseyran trotz seiner Blindheit berichtet, eröffnet neue Perspektiven auf die Natur des Lichts. Lusseyran macht auf die innere Dimension des Lichts aufmerksam und zeigt, wie viel hinter dem steckt, was er die ‹Ökonomie des Lichts› nannte.
«In dem Augenblick, als ich das Augenlicht verlor, fand ich in meinem Inneren das Licht unverändert wieder. Ich brauchte mich nicht daran zu erinnern, was es für meine Augen war […], es war da, in meinem Geist und in meinem Körper. Hier war es in seiner Gesamtheit eingeschrieben. Das Licht war da, zusammen mit allen sichtbaren Formen, Farben, Linien, mit der gleichen Kraft, die es in der Welt der Augen hat, nämlich zu wachsen und zu vergehen, sich zu bewegen. […] Ich betone, dass alles, was mir begegnete, sofort gesehen und nicht berührt oder gehört wurde; es zeichnete sich ab, nahm Form und Farbe auf einem inneren Bildschirm an. Und das, ohne dass ich irgendetwas getan hätte, um das Phänomen auszulösen. Und wie hätte ich auch etwas tun können, wo ich doch erst acht Jahre alt war.»1
Als Jacques Lusseyran bei einem Unfall plötzlich erblindete, wurde ihm das Licht nicht genommen, sondern es erleuchtete ihn weiterhin. «Das Licht, das ich weiterhin ohne meine Augen sah, war das gleiche wie früher. Aber meine Position in Bezug auf dieses Licht hatte sich geändert: ich war näher an seiner Quelle.»2
Dieses erstaunliche Zeugnis kann uns dazu bringen, unsere Beziehung zum Licht zu verändern. Die heutige Wissenschaft hat es sich seit Isaac Newton zur Aufgabe gemacht, das Licht außerhalb des Menschen zu untersuchen, als ein Phänomen, das sich in Raum und Zeit auf mechanische Weise abspielt. Dabei wird die Tatsache außer Acht gelassen, dass innerhalb des Menschen das Licht auch eine Erfahrung des Bewusstseins ist. ‹Eine dunkle Ahnung›, ‹alles klar›, ‹etwas ins Licht rücken› …, all diese Ausdrücke weisen auf eine enge Beziehung zwischen Licht und Erkenntnis hin. Denken und Verstehen haben mit der Klarheit der Seele zu tun.
Wir nehmen das Licht auf zwei Arten wahr: von außen, durch unsere Augen, und von innen, wenn wir etwas klar ‹sehen›. Der Physiker, der die Schwingungsfrequenz einer Farbe durch die Brechung in einem Prisma misst, nimmt nur das äußere Licht wahr. Das innere Licht ist für ihn ein subjektives, also unwirkliches Erlebnis.
Inneres Licht
Es gibt noch eine andere Art, die Gegenwart des inneren Lichts zu entdecken, nämlich durch die umgekehrte Erfahrung, wenn einem Blinden seine Sehkraft wiedergegeben wird. Oliver Sacks, der berühmte britische Neurologe, beschreibt in einem seiner Bücher ausführlich den Fall eines Mannes namens Virgil, der seit seiner frühen Kindheit blind war und dem im Alter von 50 Jahren ein dicker Katarakt auf beiden Linsen operiert wurde. Nach der Operation sind seine Augen in perfektem Zustand, doch wider Erwarten sieht Virgil die Welt um sich herum nicht, sondern nur einen ‹Nebel›, den er nur dann erkennen kann, wenn er hört oder berührt, was sich vor ihm befindet. Oliver Sacks schreibt: «Wenn sich unsere Augen am Morgen öffnen, blicken sie auf eine Welt, in der wir zu sehen gelernt haben, denn diese Welt ist nicht einfach gegeben, sondern wir konstruieren sie ständig durch Kategorisierungen, Beziehungen usw.»3 In der Tat sehen wir nicht das, was vor unseren Augen erscheint (äußeres Licht), sondern das, was wir uns vorstellen, das heißt das, was wir beleuchten, indem wir es interpretieren (inneres Licht). Was wir als ‹Sehen› bezeichnen, ist immer die Begegnung zwischen dem äußeren und dem inneren Licht.
Wenn wir diese Zeichnung (Abb. 1) betrachten und einen Würfel ‹sehen›, kommt ein Teil dieses ‹Würfels› über die Netzhaut, die uns ein physisches, materielles Bild liefert, aber wir interpretieren diese visuelle Gegebenheit sofort mithilfe der Ideen von Strichen, Winkeln, Ebenen, Tiefe, Volumen usw., die wir der reinen visuellen Wahrnehmung hinzufügen, sodass das, was wir sehen, das Ergebnis, die Vereinigung dieser beiden Lichter ist. Dies ist nicht nur der Fall, wenn wir diese Zeichnung betrachten, sondern auch, wenn wir einen echten Würfel oder ein anderes Objekt betrachten. Um einen Vogel zu sehen, müssen wir dem beweglichen Farbfleck, der in der Luft schwebt, das Konzept ‹Vogel› hinzufügen. Selbst wenn wir einen einfachen Fleck sehen, geben wir diesem Anblick eine Bedeutung, indem wir ihn als … eben als ‹Fleck› interpretieren. Platon, der Pythagoras studiert hatte, beschreibt diesen Prozess sehr gut: Er erklärt, wie das, was er die Laterne des Auges nennt, in unserem Sehen eine ebenso wichtige Rolle spielt wie das Sonnenlicht.4 Wenn wir sehen, verbindet sich das innere Licht mit dem äußeren Licht, Gleiches und Gleiches, und gemeinsam bilden sie einen einzigen, homogenen Lichtkörper. Diese Idee findet sich in Goethes berühmtem Satz wieder, der seine Schrift ‹Zur Farbenlehre› wie folgt einleitet: «Wär’ nicht das Auge sonnenhaft, / Wie könnten wir das Licht erblicken?»5.
Natürlich gibt es in Wirklichkeit nicht zwei Lichter, sondern nur eines. Das wahre Licht ist weder äußerlich noch innerlich, es ist vielmehr beides, es kommt von außen und von innen als zwei Seiten derselben Wirklichkeit. In dem Moment, in dem ihm seine physischen Augen genommen wurden, so Jacques Lusseyran, fand er das vollständige Licht in sich wieder. «Ich werde blind und die Sonne dreht sich um. Sie verlässt ihren physischen Himmel, sie springt in mich hinein, sie bleibt dort, sie leuchtet dort. Die Pflanzen folgen ihr, die Steine, die Möbel, alle Formen und ihre Freuden – und sogar die Gaslampen auf dem Bürgersteig. Alles ist nah. Alles ist so viel näher als mit den Augen. Blind zu werden, ist wie ein Wechsel des Zentrums. Es ist, als ob man so tief in sich selbst hineingeworfen wäre, daß dieses Innere nicht mehr Ihres ist, sondern wächst, den Raum erobert, ihn zu Ihnen zurückbringt und ihn dann lockert und vibrieren läßt. Und das ist der Pulsschlag eines neuen Lebens.»6
Übersinnliche Natur des Lichts
Eine Tatsache überrascht viele Menschen, nämlich wenn sie sie entdecken, dass Licht unsichtbar ist. Was wir um uns herum sehen, ist immer beleuchtete Materie. Licht ist das, was sichtbar macht, es lässt uns sehen, aber es selbst bleibt übersinnlich, unsichtbar. Wir können dies feststellen, indem wir einen Lichtstrahl, zum Beispiel mit einer Taschenlampe, in einen großen, dunklen und leeren Raum ohne Wände oder andere Hindernisse richten. Der Lichtstrahl bleibt unsichtbar. Der weißliche Lichtstrahl, den man normalerweise vor einer Taschenlampe sieht, wird nur dann sichtbar, wenn sich Materie in seinem Weg befindet (Nebel, Staub, Gegenstände usw.). Wenn die Luft vollkommen rein, trocken und leer ist, bleibt alles dunkel. Die Landschaft, die sich vor meinen Augen entfaltet, besteht aus Materie: Erde, Bäume, Tiere …, die das Sonnenlicht reflektieren. Ich sehe den blauen oder grauen Himmel, weil sich zwischen meinen Augen und dem unendlichen Raum eine mehr oder weniger dicke Schicht trüber Atmosphäre befindet. Jenseits der atmosphärischen Schicht erscheint der Himmel völlig schwarz, obwohl er bis zu einer immensen Entfernung voller Licht ist. Sobald ein materielles Objekt (der Mond oder ein anderer Planet, ein künstlicher Satellit usw.) in diesen Raum eindringt, leuchtet es hell. Überall, wo meine Augen Licht sehen, sehen sie eine mehr oder weniger beleuchtete Materie. Man könnte einwenden, dass man doch Licht sieht, wenn man eine Lichtquelle wie die Sonne, den Polarstern, eine Lampe oder eine Flamme betrachtet. Nein, auch hier sehen wir nur beleuchtete Materie: überhitzte Gase, einen Glühfaden etc. Unser physisches Auge, das aus Materie besteht, sieht immer nur die beleuchtete Materie. Das Licht selbst ist übersinnliche Wirklichkeit.
In der äußeren Natur zeigt sich diese aktive Wirklichkeit des Lichts im Wachstum der Pflanzen. Es ist der Glanz der Sonne, der die Pflanze in die kosmische Peripherie zieht, die durch die Photosynthese gebildete lebende Substanz webt und sie in die erstaunliche Vielfalt der Pflanzenformen schnitzt, in die Stängel, die in den Himmel ragen, in die Blätter, wo das Licht aus dem Wasser und dem Kohlendioxid der Luft lebende Substanz schafft, und schließlich in die Blüten, wo es in wunderschönen Farben, Düften und geometrischen Formen explodiert. Ohne Licht kriecht und verdorrt die Pflanze und ist nicht in der Lage, ihre Formen zu entwickeln und zu gestalten.
Im inneren Raum der menschlichen Seele weckt das Licht das Bewusstsein. (Das gilt zweifellos auch für unsere tierischen Geschwister, auch wenn bei ihnen das Bewusstsein nicht wirklich bis zum Selbstbewusstsein erwacht.) Im Licht fühlt sich unser Bewusstsein zu Hause. Dort kann es sich orientieren, sich bewusst mit den Dingen verbinden und ihre Beziehungen wahrnehmen. Das Licht zieht unsere Aufmerksamkeit auf sich und ermöglicht uns, der Welt bewusst zu begegnen. Es offenbart, was sonst verborgen bleibt, in sich selbst verschlossen. Es enthüllt die Welt und bringt sie zur Erscheinung. Wenn das Licht nicht sichtbar ist, dann gerade deshalb, weil es sichtbar macht.
Selbstverständlich wäre das Universum ohne ein sehendes Auge unsichtbar. Aber man kann auch sagen, dass in einer Welt, in der nichts zu sehen ist, kein Sehorgan gebildet werden könnte! Es ist das, was sichtbar macht, was auch das Auge hervorbringt. Goethe drückt es auch hier unmissverständlich aus: «Das Auge hat sein Dasein dem Licht zu danken. Aus gleichgültigen tierischen Hilfsorganen ruft sich das Licht ein Organ hervor, das seinesgleichen werde, und so bildet sich das Auge am Lichte fürs Licht, damit das innere Licht dem äußeren entgegentrete.»7 Bereits beim Embryo im Dunkel des Mutterleibes wird das Auge durch das übersinnliche Licht geformt. Der Mensch besitzt schon vor der Geburt ein Licht, das sich ein Organ baut. Nach der Geburt, im ersten Blick des Neugeborenen, trifft dieses innere, übersinnliche Licht auf das äußere, ebenfalls übersinnliche Licht, das aktiv das Leben im Raum webt. Bemerkenswert ist, dass das Neugeborene, um seinen Blick fixieren zu können, den Blick eines anderen Menschen treffen muss, meistens den der Mutter. Aus der Berührung beider Blicke, beider Lichter, entsteht Sichtbares. Weil unser Auge nach den Gesetzen des Lichts gebaut ist, weil es die Farben nach den in der Welt wirkenden Gesetzen erzeugen kann, können wir mit seiner Hilfe die Farben der Welt sehen. Wie könnte es anders sein, als dass die Sinnesorgane das Ergebnis des Wirkens der Welt in uns sind?
Gedanken-Licht
In einem Vortrag aus dem Jahr 1922 beschrieb Rudolf Steiner das Phänomen ‹Licht› folgendermaßen: «Der Mensch wird aus dem Lichte heraus geboren, und sein Inneres, das Innere seines Hauptes ist Ergebnis des Lichtes. Das ganze Nervensystem ist ja Ergebnis des Lichtes. Nicht bloß durch das Auge, sondern auch durch die anderen Sinne wird Licht vermittelt. Das Auge ist nur dasjenige, was im hauptsächlichsten Sinne Licht vermittelt. Wir können von blinden Menschen nicht sagen, daß sie vom Lichte ganz abgeschlossen sind. Das Licht arbeitet in ihnen; es ist nur ihre bewußte Wahrnehmung des Lichtes weg.»8 Die «bewusste Wahrnehmung von Licht» ist die Wahrnehmung des von der Materie reflektierten Lichts. In der Tat muss sich unser gewöhnliches Bewusstsein auf Materie stützen, um sich aufrechtzuerhalten: die Materie des Gehirns und des Nervensystems und die Materie der äußeren Objekte.
Ein interessantes Zeugnis ist das von Helen Keller. Blind und taub seit ihrem ersten Lebensjahr, beschreibt sie die Erfahrung, die sie im Alter von sieben Jahren machte, während sie bis dahin in sich selbst eingeschlossen lebte, nur wilde Schreie von sich gab und am Rande des Wahnsinns stand: «Jemand schöpfte Wasser aus dem Brunnen und meine Lehrerin hielt meine Hand unter den Wasserstrahl der Pumpe. Während das kühle Wasser über meine Hand floss, buchstabierte sie das Wort w-a-t-e-r in meine andere Hand. Ich stand ganz still und konzentrierte mich auf die Bewegung ihrer Finger. Plötzlich wurde mir etwas undeutlich bewusst, das ich längst vergessen hatte, und ich fühlte mich von einem Gedanken angesprochen. Das Geheimnis der Sprache wurde mir offenbart. Ich wusste, dass das Wort w-a-t-e-r die wunderbar frische Sub-stanz bezeichnete, die über meine Hand floss. Dieses lebendige Wort erweckte meinen Geist und erfüllte ihn mit Licht, Hoffnung und Freude, während es ihn plötzlich befreite.»9 Helen Keller, wie auch Jacques Lusseyran, studierte später an einer Universität und schrieb mehrere Bücher.
Das Wort ‹water› führte die kleine Helen zum Konzept, zum Gedanken ‹Wasser›. Und dieser Gedanke erleuchtete sie, befreite sie und erfüllte sie mit Freude. Licht hat die Eigenschaft, uns an dem teilhaben zu lassen, was außerhalb von uns ist. Ruhig und aktiv webt das Licht zwischen den Dingen, bringt die unterschiedlichen Teile zusammen und vereint sie. Auch Jacques Lusseyran stellte die Verbindung zwischen Licht und Freude her: «Ich entdeckte gleichzeitig das Licht und die Freude.»10 Es war diese wahre und unzerstörbare Freude, die es ihm ermöglichte, einige Jahre später, wie wir wissen, die furchtbaren Prüfungen der Vernichtungslager zu überstehen, während viele um ihn herum an Verzweiflung starben.
Wie das Licht wird auch der Gedanke bewusst, indem er sich an die Materie heftet. Solange mein Gehirn richtig funktioniert, gibt es mir Gedanken. Aber es sind vergangene Gedanken, gelernte Gedanken, die bereits bekannt sind, eingefroren, tot, ebenso wie die Verbindungen, die automatisch zwischen meinen Neuronen hergestellt werden. Jacques Lusseyran und Helen Keller zeigen uns den Weg zum wahren, immateriellen, kreativen, ebendigen Licht: das Licht, das das Auge, das Gehirn, den Baum und die Welt geschaffen hat. Das Licht der Welt. Dieses Licht hat eine Quelle, und das ist das lebendige, neue Denken, das sich nicht mehr auf die vorgeformten Schaltkreise des Gehirns stützt, sondern auf das Licht der lebendigen Konzepte, die immer neu sind, weil sie in der Gegenwart neu geschaffen werden, in der reinen Klarheit des Verstehens: «Ah, ich ‹sehe›, was du meinst!» Wir können dieses Denken in uns aktivieren, das direkt aus dem Licht des lebendigen Geistes schöpft. Es handelt sich hierbei nicht mehr um eine intellektuelle Betätigung, die lediglich mit formalen, gelernten und in leere Worte gefassten Begriffen hantiert, sondern um einen freiwilligen, neuen Vollzug: die rein individuelle Tätigkeit des lebendigen Geistes in jedem von uns.
Metamorphose der Seele
Fassen wir zusammen: Mit unseren physischen Sinnen sehen wir die Spiegelung des Lichts auf der äußeren Materie. Diese Lichtspiegelung wird uns ganz natürlich von unseren Sinnesorganen gegeben, ohne dass wir uns um etwas anderes bemühen müssen, als diese in gutem Zustand zu halten. Wir sehen nicht so leicht das innere Licht, das in den Gedanken lebt, dieses Licht, das nach und nach, während wir lernen, in unseren Gehirnverbindungen und vorgefertigten Ideen erstarrt. «Um das innere Licht sehen zu können», so Jacques Lusseyran, «gab es nur einen Weg: zu lieben.»11 Er stellte fest, dass das innere Licht nicht immer leuchtet. Wenn er traurig war, wenn er Angst hatte, wenn er dem Zorn oder dem Hass nachgab, wurde alles dunkel und verschwand. Wenn er fröhlich und aufmerksam war, wurden alle Bilder hell: «Groll und Skrupel verdunkelten alles. Eine großzügige Absicht, eine mutige Entscheidung warfen ein riesiges Licht. Nach und nach verstand ich, dass Lieben Sehen bedeutet und dass Hassen Blindheit und Nacht bedeutet. Auf diese Weise lernte ich, dass Moral (nicht die soziale Moral, sondern die geistige Moral) nicht eine Reihe von abstrakten Vorschriften ist, sondern eine konsistente Ordnung, eine Ordnung von Tatsachen, wie eine Ökonomie des Lichts.»12
Die Anstrengung, die man unternimmt, um das Licht in sich selbst durch klares Denken zu erfassen – und glücklicherweise muss man dafür nicht einmal seine physischen Augen wirklich verlieren – bewirkt in der Seele eine Metamorphose. Ähnlich einer Lupe, die das Licht in ihrem Brennpunkt konzentriert, wird das lebendige Denken zum Feuer und entzündet den Willen. Durch das Ich fokussiert, leuchtet das Licht als moralisches Ideal und entfacht in uns Initiativkräfte. Denn eine Idee, die vom Ich frei erzeugt wird, ohne einen anderen Grund zum Handeln als die Liebe zu der zu vollziehenden Tat, eine solche Idee kann nicht passiv bleiben: Sie ‹will› sich freudig durch mich verwirklichen. Ich handle dann aus moralischem ‹Verständnis›, weil ich den Sinn dieser Handlung in der Weltordnung, im Weltwerden, begreife und wahrnehme. Diese von Jacques Lusseyran beschriebene ‹Ökonomie des Lichts› ist es, die es der Menschheit ermöglichen wird, in der wachsenden Dunkelheit voranzukommen, wenn immer mehr Menschen sie in sich entdecken und im sozialen Leben verwirklichen.
Titelbild Jean Hélion ‹Jacques Lusseyran›, 1958, Privatsammlung, © 2024, ProLitteris, Zürich
Footnotes
- Jacques Lusseyran, Un regard nouveau sur le monde, in: La lumière dans les ténèbres. Triades 2002, S. 14–15.
- Ebd.
- Oliver Sacks, Un anthropologue sur Mars. Seuil 1996, S. 153 ff.
- Platon, Timaios.
- Johann Wolfgang von Goethe, Zur Farbenlehre.
- Jacques Lusseyran, Conversation amoureuse. Triades 2013, S. 49.
- Johann Wolfgang von Goethe, Zur Farbenlehre.
- Rudolf Steiner, Das Sonnenmysterium und das Mysterium von Tod und Auferstehung. GA 211, Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz, 1986.
- Margery Weuner, Helen Keller. Edito-Service, Genf 1971, S. 44.
- Jacques Lusseyran, Et la lumière fut. Gallimard, Folio 2016, S. 34.
- Jacques Lusseyran, L’aveugle dans la société, in: La lumière dans les ténèbres. Triades 2002, S. 29.
- Ebd. S. 16.