Hund und Katze

Es liegt nahe, dass die Entwicklung der Haustiere ein Produkt der frühen Menschheit war. Sie war in der Lage, aus dem Erleben der Tierseele diese in ihrer Leibesbildung auf einer embryonaleren Stufe zurückzuhalten und somit eine Fülle von verschiedenen Ausdrucksmöglichkeiten zu verschaffen.


Je jünger die Haustierarten sind, je mehr die Menschen ihre instinktive Geistunmittelbarkeit gegen das Erwachen zum Selbstbewusstsein eintauschten, desto variationsärmer wird das Erscheinungsbild. Der Hund ist das älteste der Haustiere, die Katze zählt zu den jüngsten.

Wohlerzogen, gehorcht der Hund auf Zuruf. Nach vollbrachter Tat kehrt er zurück, hebt den Kopf, in Erwartung des nächsten Befehls. Ebenso hingebungsvoll verhält er sich als Schutzhund, als Begleit- und Führerhund, als Schnüffel- oder Schlittenhund. Jede Fähigkeit schafft sich den ihnen gemäßen Leib: groß und kräftig, schlank und schnell, klein und wendig.

Die Haus- und Hofkatze lebt zwei Leben. In dem einen lebt sie sich abseits des Menschen nachtaktiv aus. Sie folgt ihren Jagdinstinkten. Ihr zweites Leben verbringt sie, indem sie die Häuslichkeit des Menschen zu ihrer Schlafstelle aufsucht, die Mitglieder der Familie schnurrend umschmeichelt und sich der Nahrungsfürsorge empfiehlt. Beim Hund ist es der Geruchssinn, bei der Katze der auf Nachtsichtigkeit spezialisierte Augensinn, die dem landwirtschaftlichen Organismus eine Qualität einprägen: Der Hund, der des Nachts anschlägt, der, den Bauern begleitend, mit der Nase am Boden einer Fährte nachspürt oder, dem Wink des Hirten folgend, die Schafherde umzirkelt, er ist in den ihm gesetzten Grenzen ausführendes Organ des Menschen. Die Katze bleibt unbeobachtet auf ihren nächtlichen Streifzügen, setzt ihr Maß in der Vertilgung von schädlichen Nagern und ist sich dabei selbst genug.


Gekürzt aus: Manfred Klett, Von der Agrartechnologie zur Landbaukunst. Wesenszüge des biologisch-dynamischen Landbaus. Dornach 2021.

Titelbild: Manfred Klett bei einer Geologievorlesung mit Studenten der Landbauschule im Jahre 2009. © 2021 by Landbauschule des Dottenfelderhof.

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