Geschichtsunterricht muss zeitgemäß sein

Muss der Geschichtsunterricht an Waldorfschulen reformiert werden? Michael Zech, Professor an der Alanus-Hochschule und Geschichtslehrer der Freien Waldorfschule Kassel, meint: Ja! In einem Gespräch mit Erziehungskunst-Redakteurin Heidi Käfer erklärt er, warum.


Michael Zech, Foto: Silke Fröhlich

Zech ist Mitglied des ‹Forum Geschichte›, einer freien Initiative aus Lehrkräften, die den Geschichtsunterricht, wie er traditionell gemacht wird, kritisch hinterfragen und Strategien sowie Material zu seiner Überarbeitung anbieten. Im Interview mit der Zeitschrift ‹Erziehungskunst› erklärt er, dass die Geschichtsbetrachtung an Waldorfschulen nach wie vor stark von einer eurozentristischen Weltanschauung geprägt sei. Die Unterrichtsinhalte fokussierten sich demnach auf eine bestimmte Abfolge von Hochkulturen und berücksichtigten viele weitere Kulturformen der Erde nicht. Dies schaffe Zech zufolge eine Kulturhierarchie, die Teil des global-strukturellen Rassismusproblems sei. Beispielsweise dürften die Kulturen, auf die europäische Reisende bei ihren Entdeckungsfahrten gestoßen sind, nicht weiter vermaßt und anonymisiert werden. Um dem Grundgedanken der Anthroposophie, Menschen zu lieben, gerecht zu werden, brauche es eine postkoloniale Waldorfpädagogik, so Zech. Er sieht eine Lösung darin, Lehrerinnen und Lehrern im Rahmen des Epochenunterrichts fachlich geprüftes und zeitgemäßes Material zur Verfügung zu stellen, auf das sie unkompliziert zurückgreifen könnten. Das Material sollte zudem so umfangreich sein, dass die Lehrkraft ihre eigenen Schwerpunkte setzen könne. Weiterhin sei es laut Zech wichtig, dass Lehrende sich ihre eigene Lesart der Inhalte bewusst machen und dies auch für die Schülerinnen und Schüler transparent kommunizieren.


Quelle Erziehungskunst

Titelbild Eine der Kammern im Saal der Botschafter im Nasridenpalast, 14. Jahrhundert, Granada, Spanien. Die Nasriden-Dynastie, muslimische Herrscher, regierten die iberische Halbinsel während drei Jahrhunderten im Mittelalter. Foto: Sofia Lismont

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