Es geht auch anders

Gedanken zu einer Dänemarkreise: Ich bin vor Kurzem nach Dänemark gereist, von Schleswig-Holstein aus.


Beim Durchforsten der Einreisebestim­m­ungen leuchtete mir ein Satz entgegen: «Seit dem 10. September 2021 wird Covid-19 in Dänemark nicht mehr als gesellschaftskritische Krankheit eingestuft und somit entfallen alle Restriktionen im Land.» Dies gilt für die gesamte Bevölkerung. Begründet wird diese Neuregelung damit, dass inzwischen die überwiegende Anzahl der Dänen geimpft sei. Darüber hinaus werden die einzelnen Länder für die Einreisebestimmungen nach dem jeweils aktuellen Krankheitsgeschehen eingestuft und in unterschiedliche Farbkategorien eingeteilt. Für Schleswig-Holstein ergibt sich daraus, dass ein Antigen-Schnelltest für die Einreise 72 statt – anderswo immer üblich – 48 Stunden gültig ist. Dies gilt umgekehrt für die Einreise nach Schleswig-Holstein nicht.

Es soll hier ausdrücklich nicht um die Frage Impfung ja/nein oder weitere Diskussionen gehen, sondern darum, was dieser ‹Leuchtesatz› in mir bewirkte. Seine Aussage beruht auf der Lebensrealität (nicht der Quote), dass ausreichend Dänen geimpft sind. Konsequenterweise werden Schlüsse daraus gezogen, nämlich die, dass von den ungeimpften Menschen auch keine Gefahr einer Covid-19-Ausbreitung mehr ausgehe. Es wird eine Wirksamkeit der Impfungen zugrunde gelegt (warum sollte man sich sonst impfen lassen), die eine eingetretene Immunisierung der Gesamtbevölkerung zur Folge hat. So dürfen sich alle uneingeschränkt im gesellschaftlichen und kulturellen Leben bewegen. Viele Teststationen werden abgeschafft, in den verbleibenden sind Tests weiterhin kostenlos und unkompliziert zu erhalten.

«Keine gesellschaftskritische Krankheit mehr» – bei mir fielen dicke Mauern ein bzw. mir wurde bewusst, wie eingemauert ich bereits war. Ich konnte tief durchatmen und auch in der Folgezeit viel freier atmen und «es flog mich etwas an», ja, es war Freude.

Dann folgten ein paar Regentage mit Sturm an der Nordsee und ich kam auf den Gedanken, nach langer Zeit einmal wieder in den Geschäften bummeln zu gehen, und das nach noch längerer Zeit ohne Maske. Da ich aber gewiss nicht die Einzige bin, die bei solchem Wetter derartige Gedanken hat, verwarf ich ihn schnell wieder. Im Moment dieser kurzen Überlegungen wurde mir bewusst, wie lange ich Gedanken nicht mehr in dieser Weise zu einer eigenen freien Entscheidung führen durfte.

Dieser bewusstseinsmäßig so andere Umgang mit Covid-19 in Dänemark – Orientierung an der Lebensrealität, das Impfen führt zu Konsequenzen, die Immunität reicht für den nicht geimpften Teil der Bevölkerung mit aus, dieser wird nicht ausgegrenzt, Differenzierung bei der Einreise nach der Lebensrealität in den Ländern – ermöglicht eine Entscheidung aus eigener Verantwortung und gibt mir einen wichtigen Teil meines Menschseins zurück. Da kommt Freude auf.

Was liegt in diesem ‹Leuchtesatz› mit den daraus gezogenen Folgerungen für ein Bewusstseinsschritt! Gedanken sind Realität, Worte können Taten werden. In dieser Haltung liegt viel Potenzial.


Titelbild: Kopenhagen. Foto: Nick Karvounis von unsplash

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