Ein Rollstuhl statt einer Lampe

Der Film ging in den sozialen Medien um die Welt: Der junge Victor Martin in Peru sitzt nachts unter einer Laterne am Straßenrand. Auf den Knien hält er sein Schulheft und schreibt, denn zu Hause gibt es kein Licht.


Eine Überwachungskamera filmt ihn, und Millionen teilen online den Film. Mayoob Mubarak, Geschäftsmann aus Bahrain, will hier helfen und dem Jungen ein Haus mit Licht bauen. Er besucht ihn. «Ich brauche kein Licht», sagt der kleine Junge dem Gast, «aber mein Freund braucht einen Rollstuhl.» Drei Menschen kommen zusammen und alle drei wachsen aneinander: Mayoob Mubarak erfährt Sinn, Victor Martin Anteilnahme und sein Freund Freiheit. Das ist ein Bild dafür, warum das Miteinander, das Assoziative so wertvoll ist. Sich auf die andere oder den anderen einzulassen, ist naturgemäß ein kleines Opfer. Das Wachstum, das durch die oder den anderen möglich wird, das liegt auf der anderen Waagschale und wiegt schwerer. Worauf es ankommt: vom notwendigen eigenen Ziel im Moment, den oft andere bestimmen, ablassen zu können und einen Raum zu schaffen, in dem nicht mein Ziel zählt, sondern was im Miteinander möglich ist. An der Tagung brachte es Aurelio Parodi auf die Formel: «Wir sollten nicht fragen, was möglich ist, wo die neue Geschäftsidee liegt, sondern wir sollten üben, was nötig ist.» Das ist eine Übung, bei der wir alle gemeinsam auf der Schulbank sitzen. Die World Goetheanum Association trägt diese Übung in ihrem Namen.


Zeichnung: Sofia Lismont

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