Ein Ort des Gesprächs

Die Goetheanumleitung wendet sich zum Jahreswechsel an die Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft und wirbt für Verständnis, dass das Goetheanum weiterhin offen bleibt trotz der allgemein verordneten 2G-Regelung des Schweizer Bundesrats bis voraussichtlich 24. Januar.


Demzufolge ist ein Besuch einer Veranstaltung nur noch Personen erlaubt, die gegen Covid geimpft oder genesen sind und die dies mittels eines Zertifikats beweisen können. Allen anderen Menschen ist ein solcher Besuch nicht gestattet – auch nicht bei Vorlage eines negativen Testergebnisses.

Foto: Xue Li

Constanza Kaliks, Gerald Häfner und Peter Selg als die Unterzeichnenden betonen eingangs, dass die gesellschaftliche Debatte über die Corona-Maßnahmen sich weiter polarisiere und ein sachliches Gespräch nicht einfach sei. Dann schildern sie das Goetheanum als einen Ort, der das Gespräch ermöglichen und führen will. Es will dazu beitragen, das aktuelle Geschehen in größeren Zusammenhängen zu verstehen und so der rein auf das Physiologische fixierten Betrachtung weitere – ökologische, seelische und geistige – Aspekte hinzufügen. Diese seien für jeden erfolgreichen Weg aus der Krise unverzichtbar. So wollen wir auch einen Beitrag leisten, unsere Denk- und Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit dem Virus wie mit den gesellschaftlichen Folgen der Pandemie zu differenzieren und zu erweitern.

Die 2G-Regel stelle nun das Goetheanum vor eine schwierige Situation. Denn die Vorstellung, Menschen abzuweisen, die sich gegen eine Impfung entschieden haben, auch wenn von ihnen (z. B. ausweislich eines Tests) keine Gefahr ausgeht oder deren Genesung längere Zeit zurückliegt, ist befremdlich; sie ist aus Sicht des Goetheanum auch nicht medizinisch begründbar. Die Abschaffung der Möglichkeit von Tests als Voraussetzung des Zugangs zu einer Veranstaltung erhöhe vielmehr das Infektionspotenzial.

Die Goetheanumleitung hat mit der Frage gerungen, wie wir uns in dieser Situation verhalten sollen. Gesunde und genesene nicht infektiöse Menschen auszuschließen, verstößt gegen unsere ethischen Überzeugungen. Gleichwohl hat sich die Goetheanumleitung gegen die Selbstschließung des Goetheanum und damit für die Aufführung u. a. der Mysteriendramen und der Weihnachtsspiele entschieden. Dieser Entschluss folge der Überzeugung, dass das Goetheanum eine weltweite Aufgabe habe, Inspirations- und Bezugsort für viele Menschen zu sein. Gerade das, was in den Mysteriendramen gezeigt werde, könne für ein tieferes Verständnis des Zeitgeschehens und für seine innere Bewältigung wertvoll sein. Das gelte auch, wenn nun einige Menschen nicht an den Veranstaltungen teilnehmen könnten. Die Goetheanumleitung ist der Auffassung, dass das Goetheanum die teilweise massiven Diffamierungen der Anthroposophie nicht durch die Selbstschließung des Goetheanum beantworten könne, sondern durch Präsenz, Dialog und kritisches wie konstruktives Engagement in der Welt.


Vollständige Text auf der Goetheanum Seite.

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