Zum konstruktiven Umgang mit Angriffen

Mit einem Themenheft ‹Anthroposophie in der Kritik› beantwortet die Zeitschrift ‹Info3› die Frage, wer hinter der Kampagne steht, die in den beiden vergangenen Jahren Anthroposophie diffamierte, welchem Muster die Attacken folgen und wie man ihnen argumentativ begegnen kann.


Anthroposophische Institutionen haben das im Januar erschienene Heft in großen Paketen geordert. Den Anstoß gab laut Anna-Katharina Dehmelt, die das Heft mit Jens Heisterkamp produziert hat, die zunehmende Präsenz des Bloggers und Anthroposophie-Gegners Oliver Rautenberg in den großen Medien. «Wir müssen der anthroposophischen Szene sagen, wer das ist», so Dehmelt, denn dann verstehe man, mit wem man es zu tun habe, und könne den Angriffen auch standhalten. So entstanden ihre Studie über diesen Getriebenen, der seit März 2019 77 000 Tweeds abgesetzt hat, und zum Jahrestag des Brandes ein geschichtlicher Überblick über die Gegnerschaft der Anthroposophie. «Damals vor 100 Jahren war die Situation sehr ähnlich wie heute», sagt Dehmelt. 1922/23 habe Rudolf Steiner aufgehört, öffentliche Vorträge in Deutschland zu halten, und innerhalb der Anthroposophie kam es zu einer Polarisierung zwischen einer öffentlichkeitsfähigen, wissenschaftsorientierten und einer esoterisch-theosophisch orientierten Anthroposophie. «Die Weihnachtstagung hatte ja dann zum Ziel, beide Ströme zu verbinden.» Jens Heisterkamp geht im Heft auf die Rassismus-Vorwürfe ein und erläutert, dass Karma nicht eine Strafe für frühere Verfehlungen ist. Wolfgang Müller zeigt, wie Anthroposophie sich befreit, indem sie «ungute Züge von Betulichkeit und Winkelradikalität» hinter sich lässt. Dazu sei notwendig, darauf aufmerksam zu werden, wo sie – weil sie verkannt werde –  hoch- und kleinmütig zugleich reagiere. Seit der Corona-Zeit, so Dehmelt, wird im öffentlichen Raum kaum noch argumentiert, sondern sogleich moralisch bewertet. «Diesen Nexus, was gesagt werden dürfe und was nicht, hat sich die Skeptikerbewegung zunutze gemacht.» Sie suchten Splitter, mit denen sie Empörung gegen Anthroposophie wecken können, und tatsächlich zersplittere so die Anthroposophie. Dehmelt: «Wir müssen sie neu bilden, weil diese Splitter bleiben: ‹Rudolf Steiner war Rassist›, ‹Karma hat mit Strafe zu tun›, ‹es gibt Gewalt an Waldorfschulen› – das ist ja alles nicht verstanden.» Dahinter zeigt sich ein Muster, das Denken zu eliminieren, um das Geistige zurückzudrängen.

Welche Hausaufgaben geben diese Kampagnen der Anthroposophischen Gesellschaft? Dehmelt: Anthroposophie nicht nur verteidigen, sondern sie offensiv verständlich, verstehbar machen und selbstkritisch mit dem anthroposophischen Leben umgehen. Hat sie die Resonanz auf das Sonderheft überrascht? Dehmelt sagt, dass Info3 dies nicht absehen konnten, aber natürlich hofften, damit einen Beitrag zu liefern, um mit diesen Angriffen angstfrei und konstruktiv umgehen zu lernen.


Mehr Anthroposophie in der Kritik. ‹Info3-Themenheft›, Frankfurt 2022.

Foto Sofia Lismont

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