Vom gleichen Schneider

Amseln, Meisen und Finken streiten sich nicht um die Art ihres Gesangs. Sie singen einfach, zwitschern der Schönheit ihre Töne. In ihren Verschiedenheiten im Einklang mit allen Morgen- oder Abendsängerinnen und Sängern der Sonnenlichtsphäre.


So verhält es sich auch mit den menschlichen Sprachen, Weltbildern, Seinslehren und spirituellen Fundamenten. Sie sind wie Gewänder, welche sich Menschen woben, um menschliches Leben auf dieser Erde zu begreifen und zu erfüllen. Sie sind wie ein Bildtraum, den sich Menschen in der Wüste, den Bergen, im Regenwald oder in keltischen Hügeln kreierten, um sich in ihrem Verhältnis zum Sein und zur Natur zu verorten. Sie sind also eine erste geistige Heimat, unsere ersten Himmelsproduktionen auf Erden, um uns von uns selbst ein Bild zu machen. Der Zusammenklang dieser Gewänder in dieser Gewandschneiderei kündet von der Sonnenlichtsphäre des Menschen, vom Schneider.

Unter den Gewändern liegt die Quelle, der Ursprung; gemeinsamer oder auch nicht, denn gut möglich, ich gehöre zu einer anderen Ahnenlinie als du. Gut möglich, ich habe eine andere Stimme, singe anders in den Tag oder die Nacht. Aber jede Begegnung mit dir heißt lauschen auf die Quelle. Jede Berührung deiner Stickereien auf deinem Gewand heißt auch, mich selbst wieder vernehmen zu können: den Ursprung, aus dem ich stamme. Bis dahin, dass jeder von uns eine Gattung für sich ist.


Bild Slava Saveljev

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