Barbara Ziegler-Denjean fokussiert sich in ihrem bemerkenswerten Buch auf zwei Fragestellungen: die Besonderheiten der Sprache Rudolf Steiners und die Bedeutung der Sprachkunst für das Fortbestehen der Geisteswissenschaft.
Diesen beiden Fragestellungen ist gemeinsam, dass sie zu einem sprachkünstlerischen Christusverständnis führen. Beispiele aus der eigenen Berufspraxis als Sprachtherapeutin und Dozentin und eine Fülle inspirierender Zitate aus dem Kontext von Steiners Schilderungen und Hinweisen zum Sprechen, zur Sprache, zum Geist der Sprache sowie zum sprachkünstlerischen Umgang mit Lebens- und Schicksalsfragen und der sozialen Dreigliederung bieten vielfältige Anregungen für ein intensives Studium dieses zentral menschlichen Erlebnisfeldes Sprache. Es dient aber auch der erschütternden Selbsterkenntnis und Selbstempfindung: Wer spricht eigentlich, wenn ich spreche?
Das Buch ist in drei Hauptkapitel gegliedert: ‹Die Sprachkunst Rudolf Steiners›; ‹Beispiele für eine neue Lesart›; ‹Die Sprachkunst und die Geisteswissenschaft›.
Zum Abschluss werden weiterführende Fragen gestellt und Wesentliches im Hinblick auf den sprachkünstlerischen Sinn skizziert.
Beim Lesen werden wir unmittelbar angeregt, nach- und mitzuvollziehen, was wir Menschen dem Wesen der Sprache und unserer Sprachfähigkeit verdanken. Es schwingt aber auch ein tiefes Erstaunen mit: Warum ist gerade Rudolf Steiners sprachkünstlerisches Werk weithin und immer noch so im Keimzustand der Entdeckung und Erprobung? Als Steiner vor 100 Jahren vom 5. bis 23. September 1924 die 19 Vorträge zur Sprachgestaltung und zur dramatischen Kunst hielt, platzte die Schreinerei am Goetheanum aus allen Nähten. Etwa 700 Menschen wollten und durften teilnehmen. Es war zum einen ein Fachkurs für Bühnenkünstlerinnen und -künstler, zum anderen ein sprachkünstlerischer Einweihungsweg für alle, die sich interessierten beziehungsweise für die der bewusste Umgang und die Pflege der Sprache zum Berufsalltag gehören – zum Beispiel die Priesterschaft der Christengemeinschaft und die anthroposophische Ärzteschaft, die ebenfalls zu den Teilnehmenden zählten. Angesichts dieses geradezu dramatisch-begeisternden Beginns sind es 100 Jahre später eher kleine intensive Arbeitszirkel, Schauspielensembles und Projekte, in denen dieser Impuls Begeisterung weckt und Pflege findet. Es scheint die Zeit noch nicht gekommen, dass dieser Arbeitsimpuls in der anthroposophischen Bewegung und Gesellschaft den Platz einnimmt, den Barbara Ziegler-Denjean ihm zuweist – aus ihrer Erfahrung und gestützt durch Zitate Rudolf Steiners. Ich bin aber gewiss, dass ihr neues Buch ‹Sprechend LEBT der Mensch den Geist› entscheidend dazu beitragen kann, dies zu ändern.
Buch Barbara Ziegler-Denjean: Sprechend LEBT der Mensch den Geist. Der Sprachimpuls Rudolf Steiners und seine Bedeutung für die Geisteswissenschaft und ein neues Christusverständnis. Verlag am Goetheanum, 2024