Am 17. Oktober ist Ingo Krampen über die Schwelle gegangen.
Er studierte Jura, erhielt 1978 die Zulassung als Rechtsanwalt und trat dann in die Kanzlei von Wilhelm Ernst Barkhoff ein. Das war keine gewöhnliche Kanzlei. In ihr fand sich, inspiriert vom charismatischen Großmeister einer lebensnahen, in Liebe getauchten Anthroposophie, eine besondere Gemeinschaft junger Menschen. Denn die Sozietät Barkhoff & Partner war zum Geburtsort ungezählter Initiativen und Impulse des sozialen Lebens geworden. Bochum war damals ein Zentrum der Anthroposophie, die sich der scheinbar kalten, formalen Welt der Betriebe und Institutionen sowie der Gesetze mit dem Herzen zuwandte. Dadurch gelang es ihr, diese Welt mit Bewusstsein, Wärme, Sinn und Kraft zu durchdringen und sie im Sinne eines Dienstes für Freiheit und Sozialität zu verwandeln. Das galt auch für Ingos Leben und Wirken. Zwar wurde er 1991 zum Notar ernannt, doch blieb Ingo im Grunde zeitlebens Anwalt: Anwalt der Menschen, Anwalt der Freiheit, Anwalt einer friedlichen und freiheitlichen sozialen Gestaltung. Ein Rechtsanwalt, der das Recht nie als Waffe (miss)verstand, oder als Mittel, eigene Ziele gegen andere durchzusetzen, sondern als lebendiges, schützendes und stützendes Instrumentarium, Freiheit, Frieden, Entwicklung, Verständigung und Verantwortung zwischen Menschen und für das Ganze herzustellen. In Auseinandersetzungen interessierte ihn nicht, wer recht hatte, noch weniger Sieg oder Niederlage, sondern, wie ein aufeinander Zugehen und die Gestaltung neuen Rechts möglich wurde. So wurde Ingo Krampen ein viel beschäftigter und erfolgreicher Schlichter und Mediator – sei es bei Erb- und anderen Auseinandersetzungen, in Beziehungen und Trennungen, oder in Betrieben und gemeinnützigen Einrichtungen. Er wurde gebeten, Einrichtungen, Organisationen, Initiativen oder Schulen in freier Trägerschaft bei deren Gründung, Gestaltung und innerer und äußerer Entwicklung zu beraten. Uns verband eine herzliche Freundschaft. Ingo war ein warmherziger, verständnisvoller und treuer Mensch, der über die Gabe eines tiefen, weisheitsvollen Humors verfügte. Einer der seltenen Menschen, die juristisch klar und präzise und dennoch stets mit dem Herzen zu denken vermochten, die global und politisch und dennoch immer praktisch und vom einzelnen Menschen aus empfinden und handeln konnten. Er war im höchsten Maße Zeitgenosse und zugleich in einem tiefen Sinne praktischer Anthroposoph. Die Anthroposophische Gesellschaft wie die Hochschule und in ihr besonders die Sozialwissenschaftliche Sektion verdanken ihm vieles.
Foto Ingo Krampen