Im August gibt es einen Dreiklang kosmischer Konstellation, hier als Ruf gedeutet, Liebe und Erkenntnis zu vereinen.
Beim Aufgang der Sonne ist manchmal vom ‹Auftritt› die Rede. Die Sonne ‹zeigt› sich, sie weiß um ihre Würde. Was so dem Zentralgestirn zugeschrieben wird, das scheint mir im August auch für die Konstellation am östlichen Morgenhimmel zu gelten. Jupiter befreit sich im Juli aus dem Glanz der Sonne und ist dann am nordöstlichen Horizont zu sehen. Zwei Wochen später folgt der zweite Akt: Jetzt erscheinen die Sterne der Zwillinge um den hellen Planeten, erst Castor und Pollux, die Hauptsterne, und dann bald die ganze Sternenformation des rechteckigen Bildes.
Die beiden Häuser im Tierkreis
Nur zwei Bilder im Tierkreis bilden einen Sternenraum um die Planeten: die Zwillinge und fast gegenüber der Steinbock. Die anderen Tierkreisbilder sind entweder linienartig und erzeugen keinen Innenraum, wie Stier, Widder oder Waage, oder sie liegen außerhalb der Ekliptik, sodass die Planeten den inneren Zirkel dieser Bilder nicht erreichen. So ist es beim Löwen und der Jungfrau. Anders bei Steinbock und Zwillingen: Wenn die Planeten durch dieses Bild wandern, dann wechselt die unendliche Weite des Kosmos in einen geschlossenen Raum. Mit einem Mal tauscht sich die Grenzenlosigkeit, in der die Planeten laufen, in eine Behausung, wird aus einem Außen ein Innen. In der Astrologie ist von ‹Häusern› die Rede. Dabei wird der Tierkreises von seinem Aufgangspunkt im Osten in zwölf Lebensbereiche gegliedert. Bei den Zwillingen lässt sich auch astronomisch von einem ‹Haus› sprechen, so umrahmt die rechteckige Gestalt des Bildes den Wandler. Der dritte Akt der Konstellation betrifft Venus. In der zweiten Augustwoche wandert auch der Morgenstern Venus in die Zwillinge. Was für ein Schauspiel, wenn sich die beiden hellsten Lichter – Jupiter und Venus – Tag für Tag annähern!
Liebe und Weisheit zusammen!
Am 12. des Monats stehen die beiden Wandler beisammen: der Planet der Weisheit und der Planet der Schönheit und Liebe. Diese Konjunktion ist immer eine Feier am Nachthimmel. Der Rahmen der Zwillinge verleiht der Vereinigung dabei besondere Ausdruckskraft. Es lohnt sich, in diese planetarische Zusammenkunft sich hineinzufühlen, denn sie spiegelt eine Grundfrage: Wie kommen Liebe und Weisheit, wie kommen Herz und Haupt zusammen? Ob im Christentum als Hirten- und Königsströmung oder in den hundert Erzählungen von königlichem (männlichem) Licht und königinnenhafter (weiblicher) Wärme: Es geht um die zwei Seiten menschlicher Welt- und Selbsterfahrung. Im Mythos des Parzival ist es die Kernfrage: das Leid zu verstehen. Mitleid und Erkenntnis zu vereinen. Wo ich verstehe, da bin ich in der Sache, so wie jetzt beim Lesen der Gedanke in und mit den Zeilen geht. Wo ich liebe, ist die Sache, ist das Wesen, dem die Liebe gilt, in mir. So spiegeln Erkenntnis und Liebe, Jupiter und Venus den Atem unseres Ich mit der Welt. Liebe erzeugt Nähe, Erkenntnis Distanz. Im Spiel von beiden wird aus Verständnis Verstehen, aus Sympathie Liebe. Es mag Zeiten gegeben haben, wo ein klarer Verstand oder ein warmes Herz allein genug waren, um sich und seine Welt zu verstehen und sich darin beheimaten zu können. Heute ruft jede Frage danach, die Gegensätze von Liebe und Erkenntnis zu vereinen, nah und fern zugleich zu sein.

Inspiration vom Anfang
Zur Konjunktion der beiden hellsten Planeten Jupiter und Venus fügen sich nun noch zwei weitere Himmelsereignisse. Die enge Nachbarschaft von Jupiter und Venus ist am 12. August morgens zu sehen. Wer nun nach dem frühen Blick am Morgen gegen 5.45 Uhr auch am Abend hinaufschaut, wird mit einem weiteren Schauspiel belohnt. In den späten Abendstunden, vor allem nach Mitternacht, fliegen alle paar Minuten Sternschnuppen über den Himmel. Es ist der Meteoritenstrom der Perseiden, der ebenfalls am 12. August sein Maximum erreicht. Die Erde fliegt durch den Pfad des Kometen Swift-Tuttle, der alle 133 Jahre seinen Pfad mit Staub anfüllt. Am 12. August wandert die Erde durch die Bahn des Kometen, sodass dann beinahe jede Minute eine Sternschnuppe am Himmel aufblitzt. Diese Kometensubstanz verglüht und mischt sich dann mit dem Regen und schließlich mit der Nahrung, die wir zu uns nehmen. So kommt ganz materiell etwas vom Fernsten des Kosmos zu uns. Das gilt übrigens auch zeitlich, denn die Kometensubstanz stammt aus der Frühgeschichte der Planetenbildung, ja sie hat an der Verdichtung der Himmelskörper nicht teilgenommen. Der Astrophysiker Gustav Tammann nannte deshalb die Kometen die ‹Erstgeborenen›. So kommt am 12. August Substanz vom Anfang der Zeit zur Erde. So alt, wie sie deshalb ist, so frisch und unverbraucht ist sie zugleich. Darin liegt vermutlich die inspirierende Kraft der Kometensubstanz, die sie ja als ‹ferrum sidereum› sogar zum Heilmittel macht.
Brückenschlag von der Erde zum Neptun
«Der ganze Himmel mischt sich ein.» Das ist ein Ausspruch aus Goethes ‹Faust›, als Mephisto einen Kriegszauber veranstaltet. Im eigentlichen Sinn des Wortes passt es gut zur hier beschriebenen Konstellation. Denn neben der Konjunktion von Venus und Jupiter und dem Maximum der Sternschnuppen gibt es ein drittes Himmelsereignis: Neptun, der fernste der Planeten, steht bei Saturn. Das geschieht alle 36 Jahre, doch diesmal kommen beide direkt am Frühlingspunkt zusammen. Das ist jener Ort, an dem die Sonne steht, wenn sie den irdischen Frühling einläutet. Was heißt das? Der Frühlingspunkt ist der irdische Sonnenort im Tierkreis. Wenn Saturn dort bei Neptun steht, dann schlägt Saturn eine Brücke von Erde über Sonne zu Neptun. Diese Konstellation scheint die ganze Weite des Sonnensystems hereinzunehmen. So wie die Kometen substanziell und zeitlich die kosmische Weite zur Erde tragen, so verbindet Saturn, Grenzgänger zwischen Planeten- und Sternenwelt, den fernen Rand des Sonnensystems mit der Erde – der ganze Himmel mischt sich ein. Doch in was? – Ich denke, in den Ruf von Venus und Jupiter: lieben und denken eins werden zu lassen. •
Siehe Wolfgang Held, Sternkalender Ostern 2025 bis Ostern 2026, Dornach 2024. Bilder W. Held









Vielen Dank. Diese Artikel ist für mich sinnvoll vom Beginn zur Ende.