exc-5ed012e93dbf3e290e8b99c5

Alte Zöpfe abschneiden

«Welches Bild von Krisenbewältigung geben wir Kindern und Jugendlichen aktuell?» Mit dieser Selbstbefragung eröffnet die pädagogisch-medizinische Arbeitsgruppe Witten/Herdecke das Thema.


Wie auch der Bund der Waldorfschulen und die Medizinische Sektion versucht die Gruppe, die körperlichen und seelischen Konsequenzen der Coronamaßnahmen auf die Kinder pädagogisch in den Blick zu nehmen. «Unmäßige und mit Angst vermittelte Hygienemaßnahmen führen gehäuft zu entsprechenden psychischen Belastungen. Auch Abstandsregeln führen am falschen Ort und zur falschen Zeit zu zwischenmenschlichen Verhaltensstörungen. Ohne Frage und ohne Zögern muss ein Kind, das gestürzt ist, getröstet, ggf. auf den Arm genommen und berührt werden! Die Trennung von geliebten Menschen hält niemanden gesund; sie fördert Depressionen und nimmt insbesondere den Jüngsten und Ältesten ein starkes Lebensmotiv! Keinen Abschied von einem sterbenden geliebten Menschen nehmen zu dürfen, bedeutet eine tiefe seelische Verletzung, die oft durch nichts wirklich zu heilen ist», erklärt das Dokument weiter. Auch wird darauf verwiesen, dass gerade im sogenannten «sozial schwachen Milieu» die Folgen für Kinder, zum Beispiel die Zunahme der häuslichen Gewalt, des Missbrauchs und der Überforderung, nicht in Kauf genommen werden können für den fragwürdigen Schutz anderer Altersgruppen.

Man plädiert für einen präventiven Blick nach vorn. So ist es pädagogisch und medizinisch ratsam, viel im Sonnenlicht zu sein. Durch die Maßnahmen kann es also auch zu Erneuerungen kommen, unterstreichen der Bund der Waldorfschulen und die Medizinische Sektion: «Mit am wichtigsten ist, dass nicht starre Lehrpläne, sondern die Lust am Entdecken das Unterrichtsgeschehen und die Anregungen der Lehrerinnen und Lehrer leiten. Wir leben in einer Ausnahmesituation, die zugleich eine wunderbare Gelegenheit ist, neue Wege zu entdecken, alte Zöpfe abzuschneiden und darüber nachzudenken, worum es beim Lernen überhaupt geht.» Die Erfahrung und das Verständnis des Lebendigen sind deshalb wichtiger denn je, auch für die Tierwelt, «die künftig sehr viel mehr vor Leid und Ausbeutung geschützt werden muss». Auch anhand des digitalen Lernens, dem in der Coronazeit zu einem unerwarteten Durchbruch verholfen wurde, lässt sich fragen, was wir den Kindern mitgeben wollen: die Begegnung von Mensch zu Mensch.


Quellen: Eliant, Stellungnahme

Bild: Volodymyr Hryshchenko/Unsplash

Print Friendly, PDF & Email

Letzte Kommentare