Falkensee, Deutschland. Omer Eilam findet in seinem neuen Album ‹Imaginary Ecosystems›, deutsch: ‹Imaginäre Ökosysteme›, eine zeitgenössische Interpretation von geistlicher Musik. Ein Interview.
Wie hängen Musik und Geist in deinem eigenen Leben zusammen?
Schaut man in die Musikgeschichte, sieht man schnell, dass Musik schon immer vor allem zwei Funktionen hatte: Geistliche Musik verband uns mit dem Göttlichen, weltliche Musik verband uns miteinander. Heutzutage liegt der Fokus vor allem auf der zweiten Funktion, während die erste Funktion weitgehend in Vergessenheit geraten ist oder ganz der Vergangenheit anzugehören scheint. Wenn wir uns durch Musik mit dem Geistigen verbinden wollen, greifen wir oft auf Bach oder simple Liedformen zurück. Mit anderen Worten: Es gibt keine neue geistliche Musik. Wenn wir jedoch annehmen, dass sich die spirituelle Welt und unser Bewusstsein ständig weiterentwickeln, müssen wir neue, unserer Zeit angemessene musikalische Wege finden, um uns mit dem Geist zu verbinden. Elektronische Musik bietet solche neuen Wege, indem sie es ermöglicht, uns nie zuvor existierende Klangwelten vorzustellen und zu erschaffen. Ich sehe es zunehmend als meine Lebensaufgabe an, diese musikalische Brücke zu bauen, indem ich spirituelle Impulse in der elektronischen Musik wecke und somit spiritueller Musik eine neue Gestalt verleihe.
Was hat dich dazu motiviert, dieses Album aufzunehmen?
Die Idee, die letztendlich zu diesem Album führte, kam mir vor zehn Jahren während meines Studiums am Institut für Sonologie. Wie viele andere elektronische Musiker war ich begeistert von der Möglichkeit, mithilfe von Computeralgorithmen das ‹Verhalten› eines bestimmten Klangs zu steuern. Basierend auf vordefinierten Regeln können sich verschiedene Parameter eines Klangs, wie beispielsweise Klangfarbe, Tonhöhe und Lautstärke, im Laufe der Zeit verändern; in einem Prozess, der dem dynamischen Verhalten von Organismen in der Natur ähnelt. Wendet man diese Idee auf mehrere solcher ‹Klangorganismen› gleichzeitig an und lässt sie ihr Verhalten gegenseitig beeinflussen, kann man sich dieses Szenario als ein Ökosystem imaginärer Klänge vorstellen; daher der Name ‹Imaginary Ecosystems›. Aus dieser Idee heraus habe ich einen Rahmen für elektronische Musikimprovisation kreiert und ihn bereits in mehreren Livekonzerten eingesetzt. Die Ergebnisse wurden aufgenommen und später zu den ersten beiden Kompositionen des Albums weiterentwickelt.
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Bild Omer Eilam im Studio. Foto von Katrin Plümer








