Individualisierte Biodynamik

Eine Pflanze am neuen Ort verkörpert die neue Umgebung, auch wenn sie ihre Art beibehält. Deshalb sollten die Präparate am Ort hergestellt werden. So steigern sie dessen Identität.


Am Josephine Porter Institute stellen wir biodynamische Präparate für den größten Teil Nordamerikas her und wir verschicken sie auch in die ganze Welt. Aber das sind Präparate, die in einem Teil eines Landes mit einem bestimmten Mikrobiom und einem bestimmten Boden hergestellt werden. Darin liegt ein Dilemma. Die Umwelt geht in das Präparat ein, das heißt, jedes Präparat trägt die Handschrift dieses Landes, dieses Klimas. Ich bin ein großer Befürworter davon, dass in jeder Bioregion eigene Präparate hergestellt werden. Wir möchten die Präparateherstellung dezentralisieren.

Eine Entwicklungsspirale gestalten

Die Substanz im Boden hat eine formlose Qualität, aber die Gestalt dieser Formlosigkeit ist an jedem Ort anders. Jeder Ort enthält eine andere Potenzialität, eine Art von Chaos, die wir in den Boden zurückbringen wollen. Wenn der Boden nicht über eine Reserve an formlosem Potenzial verfügt, können sich die Pflanzen nicht gut entfalten.

Alles, was aus dem Kosmos hereinströmt, strömt wieder heraus, aber auf einem etwas anderen Weg. Jede Pflanze ist eine Art Stauung, eine Begrenzung und eine Umleitung zurück in den Kosmos. Sie kehrt aber nie in derselben Form zurück. So ist ihre weitere Evolution möglich. Würde sie in den Kosmos hinausgehen und wieder zurückkehren, würden wir nur eine tote Wiederholung erleben, ohne eine besondere Entwicklung. Aber sie kehrt zurück und verändert sich jedes Mal – dadurch entsteht eine sich ausdehnende Entwicklungsspirale. Das geschieht jedes Mal, wenn ich auf dem Hof Präparate vergrabe. Der Boden wurde behandelt, die Kühe haben das behandelte Gras gefressen, die Nährstoffdichte des Grases ist besser, die Kühe sind gesünder und dann sammle ich ihren Dung ein für das nächste Mal.

Für mich haben die meisten Präparate einen blumigen Impuls: Sie gehören zu den Stoffwechselknospen des Menschen. Wir sammeln Blumen, die voller aromatischer Öle sind, die nach oben und nach außen diffundieren möchten – diese Öle sind leicht, sie sind flüchtig, und sie möchten zurück in den Kosmos gehen. Wie bekommen wir sie in den Boden? Nun, wir müssen sie beruhigen, sie eindämmen und dann in die Wurzel einbringen. Wir nehmen also diese reproduktive Qualität, diesen libidinösen blumigen Impuls, und führen ihn in den Kopf der Pflanze. Was ich beobachte, ist eine Art Kundalini-Prozess, bei dem die nach außen diffundierende Energie eingedämmt und zur Wurzel gebracht wird, die dann dem nach oben gerichteten kosmischen Strom hilft und stolze, schön gefärbte Pflanzen hervorbringt. Wir sammeln dafür Schafgarbenblüten und stecken sie in eine geeignete Hülle, in der sie reifen. Wir hängen sie wegen der rhythmischen Wirkung in die Sonne. Dort sind sie nur die Hälfte des Tages im Licht. So entsteht eine Erwärmung und eine Abkühlung. Jedes Präparat, das wir aufhängen, durchläuft einen Atmungsprozess.

Zeichnung von Stewart Lundy

Auf unserer Farm setzen wir immer aromatische Kräuter neben alles andere, was wir anbauen, um diesen Zusammenhang zu erhalten. Allein die Tatsache, dass wir Bestäuberpflanzen in der Nähe unserer Pflanzen haben, trägt dazu bei, die Astralität um sie herum zu verstärken. Bestäubende Insekten, Bienen, Schmetterlinge usw. bringen Dynamik. Nicht nur bestäuben diese Tiere die Pflanzen, sie dynamisieren durch ihre Bewegungen auch die Luft. Sie bewegen die Luft in einer Weise, wie sie es von allein nicht tun könnte.

Die Bedeutung desgesamten Kontexts

Ich baue die Kräuter gerne am selben Ort an und verwende die Membranen von den Tieren desselben Hofes, sodass sie alle zusammengehören. Ich stelle fest, dass ich, wenn ich mehr Lebensmittel von meinem Hof und aus meinem Garten esse, weniger davon brauche, weil sie mit mir ‹schwingen›. Wenn ich Lebensmittel aus der ganzen Welt esse, bringt das Chaos mit sich. Ich glaube, dieses Prinzip, das ich in meinem eigenen Körper erlebe, gilt auch für die Präparate.

Es geht nicht um ein Dogma, dass wir nur etwas Bestimmtes verwenden dürfen. Es geht um die Frage: Wie können wir dem Ideal in jeder Situation so nahe wie möglich kommen? Wir müssen die Geologie, die Geschichte, die Pflanzenarten und wie sie in einem bestimmten Klima gedeihen, die Anpassungsfähigkeit und Gesundheit des Tieres, das wir auswählen, berücksichtigen. All diese Faktoren fügen sich zu einem einzigartigen Präparat zusammen. Dann müssen wir auch die Wirkung des Menschen berücksichtigen, der arbeitet. Können zwei Präparate wirklich gleich sein oder sind sie jeweils etwas ganz Eigenes? Wenn wir als Individuen je unsere eigene Gattung und Spezies sind, dann ist die Arbeit, die wir tun, die schöpferische Arbeit, die wir leisten, auch etwas Einzigartiges. Präparate sind sehr verschieden, selbst wenn sie auf sehr hohem Niveau an verschiedenen Orten hergestellt werden – und das bringt viel ins Spiel.

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