Zur Sonne

In der Sprache der Pflanzen: Vesna Forštnerič Lesjak stellt ihre Blüte zur Sonne. Wer das prüfen will, sollte sich neben die Türe des Konferenzsaals im Goetheanum stellen. Dieser Sitzungsraum hat naturgemäß Gravität und gedämpfte lunare Atmosphäre, was die blau-violette Farbe an der Wand unterstreicht. Betritt Vesna den Raum, bekommt er einen orangen Schimmer, als hätten die Wände weitere Fenster gewonnen. Wenn das Seltene geschieht und sie die Augenbrauen zusammenzieht, lohnt es sich innezuhalten. Im Interview in diesem Heft gibt es solch einen Moment. Sie beobachtet, dass viele Menschen alte Bilder und traumatische Erlebnisse vom Goetheanum besäßen. Das führe zu Kritik. Dann spricht sie von sich und gibt einen therapeutischen Hinweis: «Ich fühle mich als Teil dieser geistigen Familie.» Ja, die Empfindung der Teilhabe ist ein Schlüssel, um alte Bilder zu lösen. Nicht weit von Vesnas Heimat Slowenien ist die Autorin Marie von Ebner-Eschenbach aufgewachsen. Von ihr stammt der Satz: «Nicht was wir erleben, sondern wie wir empfinden, was wir erleben, macht unser Schicksal aus.» Mit alten Bildern zementieren wir unser Schicksal, mit neuen tun wir es Vesna gleich und richten unsere Blüte nach der Sonne.


Bild Vesna Forštnerič Lesjak, Foto: Xue Li

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